Ernährung und Erziehung bei Eisbären

Shownotes

In dieser Folge "Fünf Monate Mika: Update aus dem Karlsruher Zoo" von "Eis, Eis, Baby" geben wir euch ein exklusives Update über den kleinen Eisbären Mika, der inzwischen fünf Monate alt ist.

Begleitet uns auf eine Reise in Mikas Welt und erfahrt, wie er sich in den letzten Wochen entwickelt hat.

Wir tauchen gemeinsam mit Zoodirektor Matthias Reinschmidt ein in Mikas Alltag und teilen spannende Geschichten darüber, wie es ihm inzwischen mit Besuchern am Gehege ergeht und welche neuen Entdeckungen er täglich erlebt. Von spielerischen Begegnungen mit seiner Mutter bis hin zu den ersten Versuchen, im Wasser zu planschen – Mika hält alle auf Trab!

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Redaktion: Tina Mayer | Produktion: Marcel Oertel

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070425 Ernährung und Erziehung bei Eisbären

Hey und herzlich Willkommen zu Eis-Eis-Baby, dem Eisbär-Podcast der Badischen Neuesten Nachrichten mit freundlicher Unterstützung der Volksband Pur. Mein Name ist Tina Meyer, ich bin Redakteurin bei den Badischen Neuesten Nachrichten. Heute spreche ich mit dem Karlsruher Zoodirektor Matthias Reinschmidt und Zootierarzt Marco Roller über die Ernährung von Eisbären. Was fressen Eisbären in der freien Wildbahn und was fressen sie im Zoo? Und wie kräftig frisst der kleine Eisbär Mika schon mit? Hallo Herr Reinschmidt. Hallo. Hallo Herr Roller. Hallo. Der Mika, der ist jetzt 5 Monate alt und seine Hauptnahrung ist nach wie vor die Milch seiner Mutter Nuka. Wie lange wird er wohl noch gesäugt werden, Herr Roller? Also junge Eisbären trinken beim Muttertier irgendwas zwischen anderthalb bis auch manchmal sogar zweieinhalb Jahre. Es kommt auch darauf an, wie lange das Muttertier dann, also die Nuka, den Mika trinken lässt. Jetzt auf jeden Fall noch eine sehr lange Zeit und diese Milch, die ist auch enorm wichtig für ihn. Merkt man denn, dass es schon weniger wird, als als er noch klein war? Hat er da mehr getrunken? Also wir können natürlich über die ersten Lebensmonate recht wenig sagen. Da haben die Kameras ja nichts aufgenommen. Aber schon dort ist diese extrem fettreiche Milch so unglaublich wichtig. Aus einem kleinen Eisbär mit 500 bis 1000 Gramm wird dann eben durch diese sehr fettreiche, sehr energiereiche Milch dann eben jetzt auch in der kurzen Zeit eigentlich so ein so ein stabiles, kräftiges Jungtier, wie er im Moment ist. Und es geht jetzt auch die nächsten Jahre noch weiter, um dann eben auch immer wieder mit dieser Milch die entsprechende Körpermasse aufzubauen. Ich habe mal als Kleinen vergleicht, wurde letzte Woche von einem Jungen im Zoo angesprochen, der mich gefragt hat, was wiegt denn der kleine Mika jetzt? Und ich hatte mich mit dem Miko Roller vorher mal unterhalten drüber und hat gesagt, hat in der Literatur auch nachgeschaut zwischen 25, 35 Kilo mehr oder weniger. Gehen wir mal von 30 Kilo aus. Ich habe den zehnjährigen Jungen gefragt, wie wie viel wiegt er? Ich wiegt 30 Kilo. Da habe ich gesagt, genauso viel wie unser Eisbär jetzt wiegt nach fünf Monaten. Und der junge Mensch hat zehn Jahre dafür gebraucht. Da sieht man, wie energiereich diese Milch ist, schnell innerhalb von fünf Monaten und 400 Gramm als Kind kommt man mit zweieinhalb, dreieinhalb Kilo, je nach Nummer, manchmal mehr zur Welt und hat ja schon den Vorschuss letzten Endes. Aber das war für mich dann auch eindrücklich. Hat es mir selber bewusst gemacht, wie schnell so ein Eisbär wächst. Und wenn das jetzt noch so weitergeht, wenn er noch so lange trinkt, dann wird er weiter so wachsen. Und er frisst ja auch schon beim Fressen seiner Mutter mit, haben wir jetzt gehört. Was fressen denn die Eisbären im Zoo? Das lässt sich gar nicht so pauschal sagen, was die fressen. Sie kriegen auf jeden Fall fettreiche Nahrung. Also da muss man sich auch mal so ein bisschen überlegen, wie sich Zootier Ernährung entwickelt hat. Gerade in der Eisbären Ernährung ist extrem viel passiert in den letzten Jahrzehnten. Wir wissen heute, dass Eisbären extrem sessionale Tiere sind, die im jahreszeitlichen Verlauf einen ganz unterschiedlichen Body Condition Score haben, also einen ganz unterschiedlichen Body Mass Index. Würden wir es vielleicht, wenn man, wenn man aus unserer menschlichen Sicht darüber spricht, darüber reden bei den Eisbären. Und deswegen kriegen bei uns die Eisbären im jahreszeitlichen Verlauf einerseits unterschiedliche Futtermittel und andererseits unterschiedliche Futtermengen. Die Eisbären sind hyperkarnivore Tiere, also Tiere, die sich hauptsächlich oder fast ausschließlich von Fleisch ernähren. Im ursprünglichen Habitat sind es hauptsächlich Bart- und Ringelrobben. Das können wir im Zoo natürlich nicht so leisten, sondern müssen Futtermittel finden, die diesem Futtermittel der Bart- und Ringelrobbe entsprechen. Das heißt, sehr fettreich sind. Wenn man sich so eine Robbe anschaut, ein sehr dunkles, sehr, sehr rotes Fleisch, wo viel Sauerstoff drin gespeichert werden kann und eine extrem große Fettschicht, der Blubber bei den Robben. Das versuchen wir durch eine sehr fettreiche Ernährung hier auch im Zoo umzusetzen. Das heißt auch wirklich fettreiches Fleisch. Wir verwenden Nebenprodukte aus der Fischindustrie, Lachsemulsion, Fischöl, das dann eben auch wichtige, essentielle Fettsäuren enthält und damit dann auch die Energie liefern, die der kleine Eisbär braucht. Und das schmeckt ihm schon ganz gut. Er frisst ja auch bei dem, was die Senuka so kriegt, ganz gerne mit. Und was für Fleischarten wären das, wenn Sie jetzt sagen, es muss fettreiches Fleisch sein? Wir verfüttern hauptsächlich fettreiches Rindfleisch, wo wir das Fett auch dranlassen. Bei anderen Zoo-Tieren würden wir das Fett vielleicht sogar wegschneiden, weil wir eher nicht wollen, dass die Tiere so viel Fett aufnehmen, sondern mehr das Muskelfleisch essen. Die Eisbären, die lieben es aber richtig, dieses Fett auch zu fressen. Und das erfüllt eben auch in der ganzen Föstologie. Wenn man sich die Entwicklung der Eisbären anschaut, da hat sich der ganze Organismus auf diese spezielle Ernährung angepasst. Aber wir sehen jetzt auch gerade als Besucher im Gehege auch immer mal wieder einen Salatkopf liegen, eine Gurke, Karotte. Das fressen die schon auch. Das fressen die schon auch. Das ist auch alles in einem gewissen Rahmen bei uns im Futterplan mit bedacht. Das ist auch ganz viel, was die Tierbeschäftigung stärkt und was dazu führt, dass wir die Tiere auch gut beschäftigen können. Aber Eisbären sind eben Hyperkarnivore, das heißt fast ausschließliche Fleischfresser. Und es sind eben, man kann da auch nicht über jeden Eisbär per se sprechen. Wir haben ja letztes Mal über die verschiedenen Populationen gesprochen und diese verschiedenen Populationen im ursprünglichen Habitat, die haben sich an ganz unterschiedliche Futtermittel auch angepasst oder Futterbeutetiere. Die Bart- und Ringelrobben auf der anderen Seite, auf der einen Seite, auf der anderen Seite gibt es Populationen, die die Wale jagen oder Walkadaver dann fressen. Beluga-Wale oder Nawale. Andere Populationen haben sich jetzt darauf spezialisiert, auch aufgrund der Lebensraumveränderung, die der Eisbär doch läuft, auf eine Rentierjagd und nehmen dann auch ganz andere Futtermittel auf. Wenn das Packeis fehlt und der Eisbär auch gezwungen ist, mehr an Land zu bleiben, dann nimmt er da auch zu einem gewissen Rahmen selben Reihen, vielleicht auch ein bisschen Gras auf, ähnlich wie wir das von arktischen oder fast arktischen Braunbären kennen, die große Grasflächen abgrasen, in Alaska zum Beispiel oder im Norden Russlands. Und so ist es beim Eisbär auch. Aber die Hauptnahrung ist eben dieses Fleisch und vor allem das fettreiche Fleisch. Und sie verfüttern ja durchaus auch Tiere aus dem eigenen Bestand, gerade an die Eisbären, oder? Wie muss man sich das vorstellen? Für uns ist dieser Aspekt der Ganzkörperfütterung einfach so wichtig. Das heißt, während man vielleicht vor ein paar Jahrzehnten in den Zoos nur reines Fleisch gefüttert hat und dann gemerkt hat, wenn wir nur Fleisch fressen, dann fehlt den Tieren was. Man ist dann dazu übergegangen, dieses Fleisch zu supplementieren, also Mineralfutter drauf zu machen. Und dann hat man im Endeffekt das Fleisch, das man davor vom Knochen und vom Fell befreit hatte oder weggeschnitten hat, hat man danach wieder mit Mineralfutter oder mit Mineralpulver versehen, um diese ganzen Inhaltsstoffe, die man davor weggeschnitten hat, wieder am Fleisch mit dran zu haben. Und eigentlich macht es ja viel mehr Sinn, den ganzen Tierkörper zu verfüttern. Ja, mit Haut und Haaren, mit dem Knochen, auch mit dem Mageninhalt von verschiedenen Beutetieren, die auch einen ganz wichtigen ernährungsphysiologischen Beitrag leisten. Welche Tiere sind das denn aus dem Zoo Karlsruhe oder aus dem Oberwald? Also wir verfüttern sehr viele Hirschziegen, Antilopen, wir verfüttern sehr viele Schafe und Ziegen aus dem Streichelzoo, die bei uns eben bis zu diesem Zeitpunkt, wo wir die Tiere zu Verfütterungszwecken töten, ein gutes Leben haben. Wir wissen unter was für Bedingungen diese Tiere bei uns gelebt haben. Wir wissen unter was für Bedingungen und wie sie getötet wurden und müssen dann auch nicht aus anderen Fleischerzeugungsbetrieben oder Verarbeitern eben dieses Fleisch zukaufen. Und wo kaufen sie generell die Futtermittel, die sie brauchen? Ich stelle mir vor, das sind ja schon ziemliche Mengen. Wo gibt es da so einen Großhandel oder so? Da gibt es spezielle Unternehmen, die sich darauf spezialisiert haben, eben die Zoos mit Futtermitteln zu versorgen. Da ist auch ein richtiger Markt entstanden, weil wir heute auch viel, viel mehr Wert darauf legen als vielleicht noch vor 20, 30, 40 Jahren, wie eine moderne, gute Zootierernährung auch funktionieren muss. Da weiß man heute auf der einen Seite viel mehr drüber. Wir versuchen mit den Zootierernährungen, die wir bei uns auch umsetzen, eben dieser natürlichen, physiologischen Ernährung, die die Tiere auch in den Ursprungshabitaten haben, gerecht zu werden. Also für mich ist das ja als Zootierrektor ganz wichtig und in den beiden Tierärzten haben wir da eine große Unterstützung, dass wir auch eigene Tiere verfüttern. Dass die aber ein gutes Leben haben bis zu dem Tag, an dem sie dann eben geschlachtet werden. Und ich finde, das ist dann auch irgendwo ein Kreislauf. Ist vielleicht diese Schafe oder die Ziege nicht die Nahrung, die er jetzt in der Natur hätte. Aber letzten Endes ist es das Fleisch, was er braucht. Und Tiere fressen Tiere. Und das muss man sich immer wieder auch verdeutlichen und klar machen. Und ich finde diese Strategie, dass wir 30, 40 Prozent unseres Fleischbedarfs selbst decken können, eigentlich die richtige. Dann wissen wir, wo sie herkommen. Sie gehen damit ja auch ganz offen um. Und es sind ja auch manchmal dann wirklich fast ganze Tiere oder Tierkadaver, würde man sagen, in den Gehegen, die da hängen. Und wenn man dann auch sieht, wie die Tiere davon fressen. Absolut. Und gerade auch beispielsweise hoch bedrohte Tiere, die Wiesenten. Die halten wir ja auch draußen im Oberwald in einer Gruppe von bis zu zehn Tieren. Da gehen immer wieder Tiere in die Auswilderung nach Aserbaidschan, nach Rumänien oder sonst wohin, wo solche Programme gerade stattfinden. Aber wir produzieren jedes Jahr vier Junge, sage ich mal. Eins, zwei Tiere gehen dann weg, aber eben nicht alle. Und damit unsere Herde nicht ins Unermessliche wächst, dann schlachten wir die Tiere auch. Und so kann man die aber auch genetisch gesund halten. Und das ist ein ganz wichtiger Management Aspekt, auch Tiere selbst dann eben zu verfüttern. Ja, gibt es denn bei Eisbären wie auch bei Menschen sowas wie Unverträglichkeiten? Kann sowas sein? Das kann schon sein. Das müssten wir dann bei den einzelnen Tieren immer ganz genau untersuchen, ob da ein Fleisch besser vertragen wird als das andere. Wenn wir jetzt zum Beispiel sehen würden, dass wenn wir zum Beispiel Wiesentfleisch verfüttern, dass da die Kotkonsistenz deutlich schlechter wird, dann würden wir das eher nicht verfüttern. Das haben wir jetzt bei den Eisbären, die wir bisher hier so gefüttert haben, noch nicht beobachtet. Was aber ganz wichtig ist, wir füttern zum Beispiel kein Pferdefleisch. Es gibt in der Literatur ein paar Berichte darüber, dass auch Eisbären mit einem Herpesvirus von Pferden infiziert wurden, die über Pferdefleisch angekommen sind. Deswegen ist zum Beispiel Pferdefleisch und Fleisch, das wir nicht an Eisbären verfüttern. Und von welchen Mengen sprechen wir generell? Sie haben gesagt, dass das auch saisonal ist, dass die im Winter weniger fressen als im Frühjahr, Sommer. Jetzt gerade zu so einer Heilhochzeit, Frühjahr, Sommer. Wie viel Kilo sind es am Tag, den ausgewachsene Eisbär frisst? Das sind schon pro Tag so zehn bis zwölf Kilo, was es an Fleisch gibt. Zusätzlich dann noch Fisch, zusätzlich ein bisschen Obst und Gemüse als Beschäftigung, das wir dann noch mit rein machen. Genau, also schon eine ganz ordentliche Menge. Und wir machen das auch wirklich als ein sehr dynamischer Prozess. Wir möchten auch dauerhaft diesen Body-Mass-Index, den Body-Condition-Score unserer Tiere beobachten. Nicht nur bei den Eisbären, sondern zumindest bei unseren Raubtieren ist das sehr wichtig, um da beobachten zu können, ob wir unser Ziel auch wirklich erreichen. Und dann können wir das auch wirklich so steuern. Wenn wir sehen, der Eisbär ist jetzt gerade eher ein bisschen zu dünn und wir hätten ihn gerne ein bisschen fetter, dann füttern wir die nächsten Wochen eher mehr. Wenn wir sehen, er ist in einem Ernährungszustand, der uns im Moment vielleicht ein bisschen zu gut ist, dann gehen wir auch mit der Futtermenge ein bisschen runter. Was sehr schön zu sehen ist auch dieses Zusammenspiel zwischen den Tierpflegern und den Eisbären. Wenn die nämlich mit ihrer Flasche Fischöl kommen, weil es ja besonders fett ist, das leben die Eisbären. Die kommen dann auch als Gitter her und lassen sich dann da eben auch füttern. Und mit dem kann man sie immer locken und das wird manchmal eingesetzt dafür. Aber auch letzte Woche hatten die so eine richtig große Tonne, eine Mülltonne voll Futter rein und dann mit Wasser aufgefüllt. Ein riesen Eisblock, der die Tiere wirklich den ganzen Tag beschäftigt hat. Ich habe das beobachtet, als er morgens reinkam und eben abends war immer noch ein großes Stück von diesem Eisblock da. Da sind dann Fische eingefroren, Gemüse, Obst eingefroren und die lösen das dann raus und die arbeiten richtig da den ganzen Tag. Das darf man nicht jeden Tag machen, sonst verliert es dann auch am Reiz. Aber gelegentlich mal so einen riesen Eisblock rein, das beschäftigt die Tiere. Und das ist eben heute auch ganz wichtig. Tierpfleger sind nicht nur da, um das Gehege sauber zu machen und Futter reinzuschmeißen, sondern eben die Tiere auch zu unterhalten, zu beschäftigen. Ich sage immer auch, das sind Tierpfleger-Animateure. Also so wie im Urlaubsclub die Animateure die Urlauber beschäftigen, so müssen eben die Tierpfleger heute dafür sorgen, dass den Tieren nicht langweilig wird. Und da gehören solche Strategien auch immer dazu. Und Sie haben den Nika ja dann auch schon oft beobachtet, wie er frisst oder wie er das Fressen so erkundet. Wie nehmen Sie ihn da wahr? Ja, immer vorwitzig. Und wenn die Mutter was frisst, dann kommt er zwischen den Beinen durch und guckt auch, ob er da mitschlecken kann. Aber also ich könnte ja stundenlang da davor stehen und einfach nur gucken. Aber als Zoodirektor hat man auch noch was anderes zu tun. Aber immer punktuell, wenn ich mit Gästen da hingehe und gucke. Also es gibt immer jeden Tag mindestens eine Gelegenheit, zu gucken, was der Eisbär macht. Man sieht ja auch, wie viel Raubtier schon in Nika drinsteckt, wenn er die Krähen beobachtet, wenn er mal hinter den Krähen herspringt, wenn er auch mal eine Krähe erwischt vielleicht. Hat er aber nicht, gell? Das hat er neulich zweimal gemacht. Die Mutter verjagt die Krähen immer nur und Nika hat sie halt auch gefangen und gefressen. Aber das sieht man dann auch, die Krähen und die Graureiher, die kommen auch immer in das Gehege von außerhalb, weil es da natürlich Fischreste oder Futterreste gibt, die sehr viel einfacher zu holen sind, wie wenn man stundenlang an den See stehen muss oder auf den Fisch warten als Reiher oder als Krähe, dann irgendwelche Futterreste. Und deswegen ist es ja, das ist auch eine Beschäftigung, die von außen kommt für die Eisbären, die aber gerne genommen wird von denen. Und diese Beschäftigung ist ja gerade für die Eisbären auch so unglaublich wichtig. Wir versuchen das auch in der Ernährung umzusetzen. Die Eisbären sind klassische Lauerjäger. Das heißt, auch in unserer Ernährung, und das sind wir gerade auch mit dem Professor Sachs von der Technischen Hochschule an der Entwicklung eines Futterautomaten für Eisbären, wo wir die Lauerjagd forcieren wollen. Das heißt, wir möchten, dass unsere Eisbären auch wirklich vor einem Futterautomat warten und lauern, so wie der Eisbär am Luftloch von der Bart- oder Ringelrobbe warten würde, bis die Robbe rauskommt und Luft holt und wirklich teilweise Stunden ganz ruhig und unauffällig verharren muss, bevor er dann wirklich diese Robbe auch erbeuten kann. Und das ist das, was wir auch umsetzen wollen, dass wir dieses natürliche Verhalten, das der Eisbär als Art in seinem Verhaltensrepertoire hat, auch bei uns im Zoo forcieren können, dass der Eisbär das zeigen kann und im Idealfall das natürlich auch den Besuchern dann zeigen können, dass der Eisbär eben diese Lauerjagd, nicht alle Populationen, aber viele Populationen der Eisbären, diese Lauerjagd als eine ihrer Hauptjagdstrategien eben haben. Interessant und das könnte man mit so einem Automaten eben nachspielen praktisch. Genau, den haben wir jetzt gebaut, da wird jetzt demnächst ein Prototyp aufgestellt, wo wir dann wirklich auch diese Lauerjagd so etablieren können, hoffentlich bei uns, dass das auch ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Tierbeschäftigung wird. Also Tiere durch diese Möglichkeit zur Lauerjagd dann auch beschäftigen. Äußerlich sehen die dann unaufgeregt aus, weil sie da sitzen, aber innerlich sind die angespannt, voll angespannt, weil sie genau den Moment eigentlich abpassen müssen, wenn die Robbe kurz raufkommt, um eben Luft zu holen. Das haben wir so bisher nicht, aber das war so die Idee von Dr. Orla auch, dass wir da irgendeine Möglichkeit finden, um die Tiere einfach zu beschäftigen. Im Zusammenspiel mit den Universitäten und gerade mit der Technischen Hochschule oder mit dem KIT kriegen wir dann vielleicht so irgendwas hin, was das Tierwohl natürlich nochmal deutlich erhöht. Auch einen Futterautomat zu haben, der es erlaubt, dass der Eisbär auch mal keinen Jagderfolg hat. Das ist für so ein Tier natürlich unglaublich wichtig, weil es vielleicht dazu führt, dass das Tier danach noch fokussierter ist. Dass es sich fragt, okay, jetzt war ich vielleicht nicht so aufmerksam, wie ich hätte sein müssen. Das nächste Mal muss ich mehr da sein und ich kann nicht davon ausgehen, dass ich jedes Mal, wenn der Pfleger kommt, ich mein Futter bekomme, sondern ich muss auch irgendwie vielleicht was dafür machen. Ich muss mir überlegen, ich bleibe jetzt hier ganz ruhig sitzen und muss den richtigen Moment abpassen. Was natürlich bei dem Eisbär als Lauerjäger sehr wichtig ist, weil acht von zehn Jagden, Lauerjagden auf Ringelrobben oder Bartroben sind nicht erfolgreich, weil die Robbe in dem Moment viel, viel schneller ist als der Eisbär. Und dann muss der Eisbär wieder anfangen zu jagen. Und wenn wir das auch unter Zoobedingungen umsetzen können, dass wir dieses Verhalten auch hier im Zoo forcieren können, dass die Tiere das ausleben können, dann ist das ein sehr wichtiger Bestandteil von einer modernen Zootierhaltung und auch ein sehr wichtiger Aspekt im Tierwohl. Spannend, da bin ich gespannt. Na, wir sind alle gespannt darauf. Da arbeiten wir jetzt schon zwei Jahre mit Studenten zusammen und geben immer wieder Input. Und die müssen von der technischen Seite her, wir von der physiologischen und von der Verhaltensseite her unsere Anforderungen sozusagen stellen. Und die müssen gucken, wie sie es technisch umsetzen, dass eben auch dieser Misserfolg mit eingebracht wird. Nicht, dass irgendwann das Futter kommt, dann ist es da, sondern dass es nach fünf Sekunden oder zehn Sekunden oder wann auch immer, je nach Zeitintervall, auch wieder weg ist, wenn es eben nicht zugeschlagen wurde. Und das ist natürlich hochspannend. So etwas haben wir bisher in unserem Zoo nicht. Aber da sieht man auch, das ist ein tolles Beispiel dafür, wie sich Zoos weiterentwickeln, nicht nur in der Haltung, in der Größe. Es geht nicht nur um die Größe eines Geheges, sondern auch ums Entertainment der Tiere. Und denen darf es nicht langweilig sein. Haben wir früher Zootiere zum Beispiel noch eher so nach einem landwirtschaftlichen Vorbild ernährt. Oder viele Raubtiere haben wir so ernährt, wie wir unsere Hunde und Katzen ernähren. So wissen wir heute viel, viel mehr über die Nahrung in den Ursprungshabitaten, über die natürliche Ernährung, die die Tiere aufnehmen. Und wenn wir das jetzt noch kombinieren mit einer herausfordernden Art und Weise der Nahrungspräsentation, nicht nur für die Eisbären, sondern im Idealfall für möglichst viele unserer Zootiere, dann ist das, was wir heutzutage als Enrichment bezeichnen. Und wenn das nichts Besonderes ist, was der Tierpfleger täglich neu macht, sondern das im normalen Tagesablauf der Tiere integriert wird, dann ist das, wie eine moderne und gute Zootierernährung heutzutage aussehen sollte. Jetzt haben wir gerade gehört, der Mika hat sich schon eine Krähe gefangen und auch gefressen. Wie ist das denn in der freien Wildbahn? Wann fangen die denn an zu jagen, die jungen Tiere? Weiß man das? Also die lernen das dann auch von klein auf, beobachten das Muttertier. Was macht die Mutter? Und das Muttertier zeigt es denen dann auch auf eine gewisse Art und Weise, nimmt die mit zur Lauerjagd und zeigt den. Lässt sie danach nochmal an den erbeuteten Kadaver dann vielleicht ran, dass sie auch da mal ihre Versuche machen können, wo man reinbeißen muss. Und das ist jetzt schon ein Alter, wo eben dieser Lernprozess auch schon stattfindet. Also es ist jetzt durchaus in einem Alter, wo er sich da reintastet, wo er eben viel vom Muttertier mitnimmt und das Ganze auch lernen kann. Es ist also nicht nur Instinkt, es ist schon auch Taktik, was sie dann lernen. Das ist ein ganz wichtiges Zusammenspiel aus beidem. Da ist natürlich sehr viel Instinkt da, das Raubtiere immer wieder haben. Das sehen wir jetzt auch bei unserem Luchsprojekt, wenn wir die Luchse auswildern, dass die Tiere einfach diesen Instinkt haben. Auf der anderen Seite eben auch das Lernen, um dann auch ein erfolgreicher Jäger sein zu können. Und da ist das Lernen vom Muttertier natürlich ein unglaublich wichtiger Aspekt. Fressen die die Robben auch mit Haut und Haaren oder lassen die da was legen? Also das, was hauptsächlich aufgenommen wird und was die Eisbären lieben, ist tatsächlich dieser Blabber. Also dieses Fettgewebe, das im Endeffekt wie so eine Isolierschicht, das ganz charakteristische ist, was diese Robben haben. Wirklich so eine fast zehn Zentimeter dicke Speckschicht. Bei diesen hoch arktischen Robben, also gerade diesen Ringelrobben und diesen Bartrobben, ist das natürlich enorm ausgeprägt. Und das fressen die super, super gerne. Bei anderen Populationen, die sich jetzt auf die Bale spezialisiert haben, haben wir das in einer ähnlichen Ausprägung. Auch dort eine Isolierschicht, die dann eben auch ein sehr fettreiches Gewebe enthält, das aufgenommen wird. Aber da wird eben auch der der Magen und Darminhalt gefressen. Es werden die Knochen aufgenommen, teilweise das Fell wird aufgenommen, auch um den eigenen Magen-Darm-Trakt zu reinigen. Bei Eisbären ist das sehr einfach ausgeprägt. Also ein einhöliger Magen, ein recht kurzer Darm, also ein klassischer Fleischfresser-Magen-Darm-Trakt, das die Tiere haben. Und die Physiologie, diese Anatomie prädestiniert die Tiere eben zu dieser Ernährung, auf die sie sich angepasst haben. Und jetzt sind die ja auch nicht immer erfolgreich, wenn die vor so einem Luftloch sitzen und auf die Robbe warten. Wie lang können die denn in der freien Natur ohne Nahrung auskommen? Das ist das, wo der Eisbär diese großen Probleme im Moment hat. Zumindest die Populationen, die sich auf diese Robbenjagd spezialisiert haben, diese Populationen sind auf Packeis angewiesen. Wenn ich kein Packeis habe, wo die Robbe kein Wasserloch hat, dann kann ich auch keine Lauerjagd auf Robben durchführen. Und gerade die Populationen, die wir jetzt sehen, die in Regionen leben, wo das Packeis verschwunden ist, die müssen viel, viel länger an Land bleiben. Das war dieses Jahr so schlimm wie noch nie in der südlichen Hudson Bay, wo die Tiere über 180 Tage an Land waren und sich dann eben auf alternative Nahrungsquellen spezialisieren oder fokussieren mussten. Oder eben auch hungern mussten. 160 Tage ist also der kritische Zeitpunkt und der wurde dieses Jahr um über 20 Tage überschritten. Das heißt, man geht in dieser Population davon aus, dass sehr viele Tiere mit einem sehr schlechten Ernährungszustand jetzt eben wieder in die Saison gehen. Teilweise vielleicht auch viele Tiere verhungert sind. Da müssen wir schauen, wie sich die Populationsdaten dort entwickeln und das natürlich aber auch langfristigen Einfluss hat. Weil wir haben jetzt auch schon ein paar Mal darüber gesprochen, wie wichtig dieser gute Body Condition Score für das Muttertier ist, um überhaupt diese Energie, eine Trächtigkeit in Jungtieraufzucht investieren zu können. Und in so einer Population, wenn die Population allgemein einen sehr schlechten Ernährungszustand hat, die weiblichen Tiere, und das lässt sich wunderbar an den Daten darstellen, in den letzten Jahrzehnten immer leichter geworden sind. Das heißt, der Eisbier in der Hatzenbäu wiegt jetzt deutlich weniger als vielleicht noch vor 30, 40 oder 50 Jahren. Dann hat es eben auch einen direkten Einfluss auf die Reproduktion, auf die einerseits Trächtigkeitsrate und andererseits dann auch die Rate, wie viele Jungtiere aufgezogen werden können. Deswegen ist es gerade für diese Population in der Hatzenbäu ein super schwieriges Jahr, wenn wir eben so eine lange eisfreie Zeit hatten wie noch nie. Kann die Mutter länger ohne Nahrung auskommen als das Jungtier? Die Mutter kann länger auskommen als ein Jungtier. Das Jungtier braucht dann eben diese Milch. Das Muttertier kann aber eben nur so viel Milch produzieren, wie es der Körper auch zulässt und die körperliche Verfassung. Das heißt, wenn das Muttertier schon mit einem sehr schlechten Ernährungszustand oder einem schlechteren Ernährungszustand in diese Laktationsphase, in diese Milchproduktionsphase geht, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass nicht genügend Milch produziert wird und das Jungtier nicht genügend zunimmt oder sogar vielleicht irgendwann verhungert, eben sehr groß. Und das ist es, warum die Eisbärenreproduktionsrate in der Hatzenbäu rasant zurückgegangen ist in den letzten Jahren. Alles klar. Vielen Dank für diesen spannenden Einblick in die Ernährung der Eisbären. Dann sind wir für heute am Ende mit unserer Folge. Ging wieder schnell. Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, wir hoffen, dass es euch gefallen hat. Lasst uns gerne ein Like da, aktiviert die Glocke, um keine Folge zu verpassen. Weitere Informationen rund um das Thema findet ihr in der Beschreibung. Herr Rheinschmidt, wir sehen uns nächste Woche. Auf jeden Fall wieder. Dankeschön, Herr Rollert. Bis bald. Sehr gerne. Tschüss. Bis bald.

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