Eisbärenhaltung im Wandel
Shownotes
In der neuen Folge "Eisbärenhaltung im Wandel" von „Eis, Eis, Baby“ spricht BNN-Redakteurin Tina Mayer mit Zoodirektor Matthias Reinschmidt über Mikas aktuelle Entwicklung, seine ersten Schwimmversuche und Lieblingsspiele.
Außerdem erfahrt ihr, wie sich die Eisbärenhaltung in den letzten Jahrzehnten verändert hat – von früheren Handaufzuchten bis zum heutigen naturnahen Ansatz.
Hört rein für spannende Einblicke in den Zoo-Alltag und die bewegende Geschichte der Karlsruher Eisbären!
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Redaktion: Tina Mayer | Produktion: Marcel Oertel/Lea Karcher Postproduktion: Lucas Pflaum
Transkript anzeigen
Hey und herzlich willkommen zu Eis-Eis-Baby, dem Eisbär-Podcast der Badischen Neuesten Nachrichten mit freundlicher Unterstützung der Volksbank Pur. Mein Name ist Tina Meier, ich bin Redakteurin bei den Badischen Neuesten Nachrichten. Heute sprechen der Karlsruher Zoodirektor Matthias Reinschmidt und ich über die Eisbärenhaltung in Zoos. Die war vor 30 Jahren nämlich ganz anders als heute. Aber zuerst wird uns Herr Reinschmidt ein kleines Update über Mika geben. Hallo Herr Reinschmidt. Hallo Frau Meier, ich will Sie sehen. Herr Reinschmidt, Sie waren jetzt zwei Wochen nicht da und haben in der Zeit auch den Mika ja nur aus der Ferne verfolgen können. Was hat sich denn in den zwei Wochen jetzt getan? Ja, ich war halt auch einmal in Urlaub, da war auch ein Zoodirektor mal und das war jetzt gerade über Ostern. Ich war in Kenia, habe ganz viele andere große Tiere gesehen, aber bin jetzt natürlich froh, heute wieder zurück zu sein im Karlsruher Zoo und habe aber auch aus Kenia immer mich wieder draufgeschaltet auf meine Videoanlage und konnte dann eben sehen, was der kleine Mika so alles mit der Mutter anstellt. Und heute habe ich natürlich auch gleich geschaut, wie geht es den beiden? Und habe die in einer sehr guten Kondition vorgefunden. Ja, Mika ist einfach ein Rabauke, muss man so sagen. Und er hat wirklich im Wasser gespielt und hopst und macht und tut und lässt der Mutter keine Ruhe. Also es ist schon ein ganz schön anstrengender Job, einen kleinen Eisbär aufzusehen. Sie haben ja heute auch auf Ihrer Facebook-Seite direkt wieder ein Video veröffentlicht, was eben Mika im Wasser spielen zeigt. Und es hat sich schon sehr verändert jetzt im Vergleich zu den vergangenen Wochen. Es hat sich schon sehr verändert, weil Mika jetzt auch ins Tiefe geht, richtig schwimmt. Das hat er am Anfang eben noch nicht gemacht. Da war er immer im sogenannten Nicht-Schwimmer-Bereich, da wo er noch stehen konnte. Jetzt schwimmt auch der Mutter hinterher, er imitiert viel die Mutter. Und das ist ja auch eben ein ganz normales Verhalten. Die Jungen lernen, das Verhalten der Mutter zu imitieren. Dadurch werden sie vorbereitet für ihr späteres Erwachsenenleben. Und das Spiel an sich ist ja immer ein Vorbereiten oder ein Einstudieren von Verhaltensweisen spielerisch, die man später als erwachsener Eisbär auch brauchen kann. Und gerade heute in unserem Video sieht man das auch sehr schön. Die Mutter frisst im Wasser an einem Stück Fleisch. Und dann sucht Mika auch eben so ein Stück Fleisch. Werden frisst das genauso. Dann taucht die Mutter weg und Mika hinterher. Und da sieht man schon einfach, er imitiert die Mutter, ist immer noch ganz nah an der Mutter. Ist jetzt mehr oder weniger ein halbes Jahr alt. Aber er hat noch nichts von seiner Goldigkeit verloren. Aus meiner Sicht ein bisschen längere Schnauze hat er gekriegt und ein bisschen größer, kräftiger geworden. Gewogen haben wir ihn nicht mehr. Wir gehen auch nicht ans Tier direkt ran. Das sind ja auch Wildtiere und das macht jetzt auch keinen Sinn, den da nochmal zwangsmäßig irgendwie zu wiegen. Aber das ist eine schöne Entwicklung, die wir da sehen. Und wir sind alle sehr zufrieden. Was würden Sie sagen, ist sein Lieblingsspiel momentan? Es ist ein Fußballer oder Handballer, macht er mit allen Füßen und Händen. Also alle Bälle, die er findet, werden entweder rumgetragen, wenn sie dann Löcher haben. Und er kann sie eben dann auch mit dem Maul erfassen oder dann halt rumgeschubst und gespielt und geworfen auch. Wir haben auch eine Kugel aufgehängt, an die er auch immer wieder geht und dran rummacht. Und also die Bälle faszinieren ihn. Die haben auch eine gewisse Eigendynamik. Die rutschen ihm dann wieder weg und dann rennt er wieder hinterher. Und das ist also schon ein tolles Spielzeug für ihn. Sie haben gerade eben gesagt, Sie lassen ihn jetzt auch. Also Sie bieten Spielmöglichkeiten, aber Sie würden ihn jetzt nicht mehr einfangen, zum Beispiel, um ihn zu untersuchen, weil Sie da keine Notwendigkeit sehen. Das ist ein gesundes Tier, zeigt jegliche Verhaltensweisen, die wir von ihm erwarten und hat überhaupt keine Krankheitseinzeichen. Und deswegen auch gar keinen Grund, ihn jetzt zu untersuchen. Wir haben eine Eingangsuntersuchung gemacht. Schon die zweite Impfung haben wir dann eben mit dem Blasrohr gemacht, um ihn nicht noch mal zu greifen. Wir wollen ihn so natürlich wie möglich aufziehen, bei der Mutter und nicht unbedingt immer mit dem Kontakt zum Menschen. Natürlich lernt er die Pfleger alle kennen, die ihm Futter bringen. Das ist ja klar. Aber ihn zu greifen, ist ja auch immer ein bisschen Stress für ihn. Und das war früher ja nun anders. Also wenn wir in die Vergangenheit zurückblicken, wie früher Eisbären gehalten wurden, so Ende der 80er, Anfang der 90er. Zuletzt im Karlsroher Zoo, da griff man ja schon ein in das Aufziehen. So weit sogar, dass man die Tiere relativ früh von ihrer Mutter getrennt hat und die selbst mit der Flasche aufgezogen hat. Und Sie haben das damals ja auch erlebt. Ja, ich bin noch so einer der letzten Zeitzeugen, kann man fast so sagen. Ich bin jetzt 60 Jahre alt und ich war 1986 hier Praktikant im Zoo. Und später immer wieder während der Semesterferien hier mitgearbeitet, dann auch meine Diplomarbeit gemacht hier im Zoo. In den Anfang der 90er Jahre, 1991, 1992, 1993 war ich auch hier. Und ja, da habe ich natürlich auch die Eisbäraufzucht, die damals völlig anders war wie heute, ganz hautnah miterlebt. Und warum hat man das so gemacht? Warum hat man die Jungtiere so früh von ihren Müttern getrennt? Ja, wir hatten ein ganz anderes Haltungssystem. Wenn Sie jetzt heute unsere moderne Eisbärenhaltung angucken, wir haben zwei Gehege. Damals hatte man nur eines, das auch wesentlich kleiner war wie unser großes Gehege heute. Und wir hatten eine ganze Gruppe von Eisbären. Das hat so 1967 zur Bundesgartenschau hat es damals angefangen mit den ersten kleinen Eisbären. Das waren noch wild gefangene Eisbären, die man da bekommen hat. Kleine Jungtiere, die hat man aufgezogen und hatte dann eine große Gruppe. Und das waren alles Weibchen. Und einmal im Jahr ist der Willi aus Berlin zu uns gekommen. Der Eisbär? Der Eisbärmann. Und der hat dann die ganzen Weibchen gedeckt. Und dann ist er wieder nach Berlin zurück. Und dann hat man die Eisbären eben in dieser gesamten Gruppe gehalten, hat sie dann im November eingewindert, in die Innenboxen gebracht, jedes Eisbärweibchen für sich, sozusagen diese Eishöhle simuliert, die es auch in der Natur gibt. Das zieht sich ja auch, das Eisbärweibchen zurück, um die Jungen eben zu gebären, in einer Eishöhle, bei uns dann im Innenraum entsprechend vorbereitet. Das war schon alles gut. Dann sind die Jungtiere zur Welt gekommen. Ja, ein Teil ist gestorben, ein Teil wurde eben auch angenommen von den Eisbärweibchen, gesäugt und aufgezogen. Und dann hätte man sie eigentlich mit drei Monaten mehr oder weniger ins Gehege entlassen müssen. Man hatte nur ein Gehege und man kann keine zwei oder drei oder vier, damals sogar fünf Weibchen, zusammenbringen mit Jungtieren, die hätten sie sich gegenseitig umgebracht. Also das wäre nicht gegangen. Und deswegen hat man die Jungtiere dann, in dem Moment, wo man die Alttiere wieder rausgebracht hat, eben den Müttern weggenommen. Dann hat sie den Rest eben von Hand aufgezogen. Das hat gut funktioniert. In dieser Zeit sind auch 25 kleine Eisbären hier in Karlsruhe eben aufgezogen worden. Aber es war eine völlig andere Aufzuchtsidee wie heute. Heute macht man das viel natürlicher, aber damals war es einfach auch von Platzverhältnissen gar nicht anders möglich, um die Jungtiere durchzubringen. Dann hat man, das waren auch wirklich andere Zeiten, diese Jungtiere dann an andere Zoos abgegeben, sogar ans Zirkus. Das würde heute meinen Kopf kosten als Zoodirektor, wenn ich das machen würde. Macht man auch nicht mehr, Gott sei Dank nicht. Aber ich kann mich selber noch an eine Eisbärennummer im Zirkus Simonei Barum in den 80er Jahren erinnern. In Baden-Baden habe ich die mal gesehen mit fünf großen Eisbären in der Manege. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Aber das waren alles Eisbären, die mal irgendwann aus Karlsruhe kamen. So war das damals halt. Gott sei Dank haben sich die Zeiten aber auch geändert. Der Wandel kam in Karlsruhe auch schon in den 90er Jahren. Die allerletzten Eisbären, die aufgezogen wurden, waren dann keine Handaufzuchten mehr, sondern die kamen am 31.12.1991 zur Welt. Zum ersten Mal durfte ein Weibchen die zwei Jungtiere aufziehen, die ganze Zeit. Das war eigentlich eine schöne Sache. Allerdings auch wieder aus Platzmangel. Man konnte sie ja nicht zu den anderen Eisbärenmüttern lassen oder Weibchen lassen, sondern man hat dann dieses Weibchen mit den beiden Jungtieren ins Braunbärgehege gesetzt. Aber da war ja auch noch ein Braunbär. Vorher waren es zwei, zu dem Zeitpunkt war es nur einer. Den hat man dann während des Tages einfach in der Innenbox gelassen und hat die Eisbärmutter rausgesetzt ins Außengehege mit den beiden Jungtieren. Abends kam die Eisbärmutter in die Innenhöhle und der Braunbär war dann die ganze Nacht draußen bis am anderen Morgen wieder. So hat man sich beholfen und hat damals aber gezeigt, dass eben auch die natürliche Aufzucht gut funktioniert, wenn man die Eisbären dann lässt. Aber noch einmal würde ich ganz gerne kurz den Schritt zurückgehen. Es war ja dann schon so eine Art Bärenkindergarten, den es gab im Zoo Karlsruhe. Und Sie haben das ja so als Biologe oder als angehender Biologe miterlebt. Wie hat sich das für Sie angefühlt damals? Das hat sich damals nicht falsch angefühlt. Man darf nicht die heulige Situation mit damals bewerben. Damals war das einfach eine Sensation, dass man auch kleine Eisbären hatte, die auch jedes Herz erwärmt haben. Und gerade dieses Zusammenspiel zwischen Pflegerin, damals war es die Mary, die in erster Linie auch die Eisbären eben aufgezogen hat, und den kleinen Eisbären, das war auch damals für Karlsruhe was ganz Besonderes. Und Karlsruhe war in Europa der beste Eisbärzüchter, muss man schon so sagen, mit dem Zoo Rostock zusammen. Die beiden Zoos, da lief es einfach rund, aus damaliger Sicht. Und es war eine ganz andere Zeit. Aber für die damaligen Verhältnisse wurde das sehr gut gemacht. Die Aufzucht hat auch immer gut geklappt. Und ja, so wurden halt dann 23 Eisbären groß, plus die zwei, die dann eben auch noch von der Mutter aufgezogen wurden, insgesamt 25. Und ja, dann hat es viele Jahrzehnte gedauert, bis der nächste kam. Und das ist jetzt Mika, aber mit einer ganz anderen Herangehensweise wie damals. Mika wird ja auch, so haben Sie es immer kommuniziert, so zwei, drei Jahre bei seiner Mutter bleiben dürfen. Bei den Kleinen damals war das so, dass die so nach drei Monaten oder so schon direkt weiterverkauft wurden. Wie war das so für diese Jungtiere oder was macht das dann mit denen? Ja, das ist natürlich für die Jungtiere, je nachdem, wo sie hinkamen, auch nicht das Ideale, dann sich gleich wieder neu umstellen zu müssen. Normalerweise hätte man es auch länger halten müssen. Aber so Bären wachsen dann auch ran. Und Sie sehen ja jetzt auch, wie Mika mit einem halben Jahr agil ist. Den kann man auch als Mensch dann nicht mehr ganz so bändigen letzten Endes. Und die werden immer rauer werden. Und dann muss man auch gucken, dass wir sie dann entsprechend unterbringen. Und deswegen ist es einfach heute ganz anders. Ich brauche keine Handaufzucht. Ich brauche keine zahmen Eisbären. Ich brauche Eisbären, die natürliche Verhaltensweisen zeigen, die natürlich auch aus der Hand fressen und die man entsprechend handeln kann. Aber dieses Handzahmen, was man damals gemacht hat, das wollen wir gar nicht mehr. Wir wollen ja heute Eisbären so halten und züchten, dass wenn sie mal ausgewildert werden würden, dass sie dann auch ihre natürlichen Verhaltensweisen haben. Und ja, so haben wir halt eine ganz andere Herangehensweise. Das haben Sie ja auch nach Mikas Geburt im November auch ganz schnell, ganz transparent kommuniziert, dass Sie gesagt haben, wir greifen da auf keinen Fall ein. Es waren ja damals noch zwei kleine Eisbären, entweder die schaffen es so von selbst und mit Lukas Hilfe oder halt eben nicht. Das konnten ja auch nicht alle verstehen, alle Zoobesucher. Ja, aber da darf man nicht als emotionaler Mensch rangehen, sondern als Rationaler und als Biologe. Und es kommt immer darauf an, will ich jetzt ein vom Mensch gehätscheltes Tier haben oder will ich wirklich so natürlich wie möglich diese Eisbären aufziehen. Und das war für mich als Zoodirekter ganz klar, wir greifen nicht ein. Wäre es schiefgegangen, dann hätte Mika, wäre Mika halt gestorben und die Mutter hätte viel Erfahrung gesammelt und hätte dann ein Jahr später einfach den neuen Anlauf nehmen dürfen. Und dann hätte es vielleicht geklappt. Und in der Natur geht auch nicht alles immer glatt. Und da gibt es so viele Misserfolge, bis dann die jungen Eisbären mal durchkommen. Und so hatten wir das auch von vornherein einfach auch ganz klar festgelegt. Wir greifen nicht ein, soleid es uns um das kleine Individuum tut. Natürlich ist es schade, wenn es stirbt. Und wir haben ja auch 50 Prozent Verlust gehabt oder man sagt, wir haben 50 Prozent Gewinn gehabt. Das muss man schon so sagen, weil die 50 Prozent, ein Jungtier ist groß geworden. Das ist gut. Hätten wir die am allerersten Tag gleich weggenommen, dann hätten wir vielleicht zwei kleine Eisbären. Aber das war nicht der Sinn und Zweck unserer Aufzucht. Dann hätte ich jetzt zwei kleine Eisbären in einem halben Jahr, die von Fläschchen aufgezogen wurden. Das wollte ich nicht. Wir wollen wirklich so natürlich wie möglich die aufziehen. Und Gott sei Dank hat es zumindest bei einem geklappt. Also ging es damals schon so um die Masse und heute eben nicht mehr. Nun hat sie es geschafft und hat den Mika durchgebracht oder er hat es geschafft, wie man es nimmt. Aber sie kann ja frühestens in zwei Jahren wieder trächtig werden, theoretisch. Ja, genau. Also es ging damals auch um Geld, muss man sagen. In den 80er Jahren wurden die Eisbären auch verkauft, die Jungen, an entsprechende andere Zoos oder Zirkusse. Aber diese Kommerzialität in Tierabgaben, die haben wir total rausgenommen. Also wir sind heute ganz anders aufgestellt in unseren Zoos. Gott sei Dank hat sich das alles gewandelt. Und es ist für mich auch schön, diesen ganzen Wandel miterlebt zu haben, dass man eben von Eisbären nicht mehr 30.000 oder 50.000 Euro zahlen muss. Oder damals waren es noch D-Mark, sondern dass uns ein Eisbär nichts kostet. Das heißt, unser Eisbärweibchen aus Belgien hat uns den Transport gekostet. Die Transportkosten, das zahlen wir klar als empfangender Zoo. Aber nicht Geld für das Tier, weil diese Tiere sind alle innerhalb unserer Zoogemeinschaft in den Haltungszuchtprogrammen gemanagt. Und da geht es nur um das Wohl der Tiere, um die Art an sich. Und da hat Kommerzialität keinen Platz. Und dann haben die einzelnen Zoodirektorinnen und Zoodirektoren natürlich immer Wünsche. Aber letzten Endes entscheidet der Koordinator und das Komitee drumherum. Da sind dann noch ein paar dabei, die dann mitentscheiden, was ist für das Tier das Wichtigste? Welche Tiere sollen sich vermehren? Welche Tiere gehen von A nach B? Da gibt es ganz viele Wünsche aus den Zoos. Die werden berücksichtigt, wenn es machbar ist, aber nicht immer. Und so haben wir auch zehn Jahre darauf hingearbeitet, da in die Situation zu kommen, jetzt auch mal Eisbären züchten zu dürfen. Wie viele Eisbären haben Sie? Sie haben es ja auch verfolgt in den letzten zehn Jahren, immer mal wieder von A nach B gegeben. Und damit wir dann irgendwann dahin kommen, dass wir mit Kapp auch ein entsprechendes zuchtreifes Weibchen haben. Und wir haben auch den Kapp noch mal vorher drei Jahre ausgeliehen nach Hamburg, dass er sich dort vermehren konnte, weil es innerhalb des Zuchtprogramms auch so ist, die Weibchen sind stationär im Zoo. Die bleiben da auch, solange sie leben, wenn nichts dazwischenkommt in der Regel. Und die Menschen gehen dann eben zu den einzelnen Weibchen. Das ist halt so festgelegt. Das heißt, wir hatten in Hamburg die Viktoria, die auch für Nachwuchs sorgen sollten, mit Kapp als sehr genetisch wertvollem Eisbärmann. Und dann musste ich erst mal den Kapp wieder nach Hamburg geben, bevor er dann bei uns in die Situation kam, weil er zu dem Zeitpunkt noch kein genetisch wertvolles Weibchen hatte. Aber die haben mir dann auch versprochen, wenn wir das dann machen und wenn er dann das erfolgreich getan hat, dann kommt er wieder zurück. Und dann darf er auch bei uns sich vermehren. Und das hat er jetzt unter Beweis gestellt. Und jetzt sind wir in der glücklichen Lage, einen kleinen Eisbär zu haben, den einzigen in Deutschland im Moment. Und Sie haben ja gesagt, dass der Kapp möglicherweise auch weiterziehen darf und noch mal woanders für Nachwuchs sorgen könnte. Gibt es da schon Pläne? Ja, also das kann schon sein, dass der ganz bald irgendwann eben auch wieder in einen anderen Zoo geht. Und dann wird er dort wieder für Nachwuchs sorgen. Aber irgendwann kommt er wieder zu uns zurück, stetigstens dann, wenn der Mika dann abgegeben wird. Und dann wäre die Situation sicher so, dass die beiden verstehen sich ja. Das haben wir ja gesehen. Wenn er dann noch kann, er ist ja auch schon im fortgeschrittenen Alter. Ich will ihn mal so vergleichen, mit Menschenalter ausgedrückt ist er sicherlich schon so 75 oder 70, sag ich mal. Und wer weiß, ob es da noch geht bei ihm. Und wenn er dann in zwei, drei Jahren kommt, ist er vielleicht 80 in Menschenjahren gerechnet. Da kann schon mal noch ein Glücksfall dabei sein, aber vielleicht auch nicht. Also das sehen wir dann. Also er hat jetzt auf jeden Fall das Beste gegeben und das haben wir ja gesehen. Jetzt ist Mika ja schon der Star im Zoo, man muss es so sagen. Ich würde aber gerne auch noch mal kurz in die Vergangenheit zurückblicken. Es gab schon mal einen ähnlichen Star, den Anton, den Eisbär, der 1989 geboren wurde. Und ich habe jetzt mal so ein bisschen gelesen, der hatte ja schon auch eine außergewöhnliche Geschichte. Und zwar hatte der Hüftprobleme, habe ich gelesen. Ja, genau. Und musste deswegen in einer Kiste schlafen. Ja, ja, der Anton ist immer weggerutscht bei den Zeugen, bei der Mutter. Das liegt, lag vielleicht auch am Untergrund, ich weiß es nicht. Und hat halt eine falsche, eine Fehlstellung mit den Beinen. Und deswegen wurde er dann in eine Kiste gesetzt, damit eben sich die Gelenke entsprechend anpassen und dass er nicht eben so breitbeinig wird. Und das hat sich dann aber auch gegeben. Aber dadurch wurde er natürlich individualisiert. Er wurde, es war nicht einer von vielen kleinen Eisbären, sondern es war der Anton. Und der Anton war noch nach dem Zoodirektor benannt, weil an seinem Geburtstag ist er zur Welt gekommen. Dann hat er den Namen Anton bekommen. Und da hat natürlich der Zoodirektor auch ganz besonders drauf geschaut, dass es dem Anton gut geht. Und das war dann schon auch ein Star, muss man schon so sagen damals. Aber auch heute hätte man da jetzt nichts gemacht. Also wenn Mika diese Probleme gehabt hätte, hätte man ihm jetzt heute da nicht helfen können. Dann hätte man wahrscheinlich schon auch medizinisch irgendwas machen können. Ich kann es jetzt auch nicht beurteilen, weil ich den Fall natürlich auch nur aus der Literatur kenne. Aber da hätten natürlich unsere Tierärzte dann entscheiden müssen. Entweder man schläfert dann so ein Tier ein oder man behandelt es trotzdem. Das vielleicht mit einer Bandage. Aber wenn Sie so einen kleinen Eisbär, der bei der Mutter ist, bandagieren, kann es natürlich sofort sein, dass die Mutter diese Bandage wieder weg macht. Und das ist schon sehr schwierig. Also ob wir dann zur Handaufzucht geschritten wären, um das Leben zu retten, das kann ich jetzt nicht sagen. Das müsste man dann entsprechend, wenn sowas passieren würde, entscheiden. Aber ich bin natürlich auch immer pro Leben. Und wenn es dann irgendwie geht und ich darf jetzt auch meine Papageienaufzucht da nicht unbedingt vergleichen, weil da habe ich ja auch das ein oder andere Vögelchen von Hand aufgezogen. Aber die wären ja überhaupt nicht da, wenn ich sie nicht aufgezogen hätte, weil wir sie aus dem Ei gerettet haben, mehr oder weniger. Aber da sozialisieren wir auch die Tiere immer gleich wieder mit den adulten Tieren, um sie nicht zu verprägen. Und das ist heute einfach eine ganz wichtige Geschichte. Und wenn Sie noch ein Beispiel dazu aus unserer Tierwelt hier, wenn Sie uns einen Schimpansen Bennys angucken, der ist jetzt 58 Jahre alt. Der ist nicht in Menschenobhut geboren, sondern in der Natur draußen. Hat man aber als Baby weggenommen und hat ihn auf dem Markt in Monrovia verkauft. Und über einen Karlsruher Monteur, der den dann mitgebracht hat, ist der nach Karlsruhe gekommen und irgendwann im Zoo abgegeben worden. Aber dieses Tier hat man auch verprägt auf einen Menschen, weil man es eben isoliert von Hand aufgezogen hat. Dieses kleine Schimpansenbaby und diesem Tier hat man schon viel angetan. Der denkt bis heute, er ist ein Mensch und wenn wir als Zoo-Mitarbeiter vorbeigehen, er kennt jeden individuell. Und das befriedigt ihn, das freut ihn, wenn wir kommen. Mit seinen Artgenossen kann er auch umgehen, aber sozial ist er sehr viel stärker, emotional an den Menschen dran. Und das wollen wir den Tieren heute nicht mehr antun. Also man hätte mit heutiger Erkenntnis den damaligen Schimpansen auch anders aufziehen können. Aber das ist einfach auch dieses Kenntniszugewinn, was wir in den letzten Jahrzehnten in unseren Zoos haben. Wir gehen da viel wissenschaftlicher an die Dinge ran und natürlich dann damit auch sehr viel tierfreundlicher. Und das Tierwohl ist ein ganz wichtiges Gut für uns. Und eine Verprägung auf den Menschen macht eigentlich heute keinen Sinn mehr. Und die Tiere wären dann auch trotzdem genauso gefährlich, wie wenn sie nicht von Hand aufgezogen worden wären, oder? Ja, oftmals noch gefährlicher, weil sie überhaupt keinen Respekt, keine Scheu mehr vom Menschen haben. Wenn sie von Hand aufgesogen sind, wenn die dann in irgendeine Brutstimmung oder in eine Brunft oder wie auch immer je nach Tierart kommen, in so eine Fortpflanzungsphase, dann haben die auch ein erhöhtes Aggressionspotenzial. Und dann kann es auch durchaus gefährlich werden für den Menschen, für den Pfleger, der eben ansonsten ein zahmes Tier um sich hat. Und plötzlich reagiert es ganz anders. Also da muss man schon auch aufpassen, weil sie das vorhin mit dem Zirkus mit den Eisbären im Zirkus erwähnt haben, dass da wirklich ausgewachsene Eisbären in der Manege waren. Das war aber schon gesichert, oder? Das war so gesichert, wie man das vom Zirkus her kennt, mit entsprechenden Gittern bei den Löwenvorführungen. Die kennen sie ja heute noch. Aber ich kann mich da schon erinnern, dass da fünf große Eisbären auch über eine Rutsche runtergerutscht sind. Und für mich damals als junger Mensch war das beeindruckend. Aus heutiger Sicht würde ich das nicht mehr akzeptieren. Aber damals natürlich auch beeindruckend. Herr Reinschmidt, wir sind am Ende für heute. Das ging aber wieder schnell. Ich finde auch. Vielen Dank für das schöne Gespräch. Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, wir hoffen, dass es euch gefallen hat. Lasst uns gerne ein Like da und aktiviert die Glocke, um keine Folge zu verpassen. Weitere Informationen rund um das Thema findet ihr in der Beschreibung. Wenn ihr Fragen an Herrn Reinschmidt habt, könnt ihr uns diese gerne zuschicken unter podcast.bnn.de. Und Herr Reinschmidt, wir sehen uns nicht erst nächste Woche wieder, sondern schon am Mittwoch. Dann stellen wir nämlich unser neues BNN-Magazin vor, das die ersten Lebensmonate von Mika thematisiert und auch so ein bisschen einen Einblick in die Welt der Eisbären generell gibt. Und wer von euch dabei sein möchte, um 15.30 Uhr geht es am Mittwoch los an der Leinwand am Eisbärengehege. Bis dahin. Da freue ich mich drauf. Ich mich auch. Bis dahin. Tschüss. Bis dann. Tschüss.
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