Spielverhalten bei Eisbären
Shownotes
Warum liebt Eisbär-Baby Mika im Zoo Karlsruhe das Spielen so sehr – und warum ist das für seine Entwicklung unverzichtbar?
In dieser Folge von "Spielverhalten bei Eisbären" des Podcasts „Eis, Eis, Baby“ sprechen Zoodirektor Matthias Reinschmidt und Zootierarzt Marco Roller mit BNN-Redakteurin Tina Mayer über Mikas Lieblingsspielzeuge, spannende Beobachtungen im Gehege und die Bedeutung von Spiel für kleine Eisbären.
Außerdem erfahrt ihr, wie im Zoo mit wissenschaftlichen Methoden das Verhalten von Mika erforscht wird. Jetzt reinhören!
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Redaktion: Tina Mayer | Produktion: Lucas Pflaum
Das Magazin „Eisbär Mika. Geschichten aus dem Karlsruher Zoo“ ist ab sofort erhältlich und kostet 9,90 Euro. BNN-Lesershop
Transkript anzeigen
Hey und herzlich willkommen zu Eis Eis Baby, dem Eisbär-Podcast der Badischen Neuesten Nachrichten mit freundlicher Unterstützung der Volksbank Pur. Mein Name ist Tina Meyer, ich bin Redakteurin bei den Badischen Neuesten Nachrichten. Wer den kleinen Eisbär Mika im Zoo Karlsruhe schon besucht hat, der weiß, mit Bällen spielt er besonders gern. Warum das Spielen für kleine Eisbären so wichtig ist, das erzählen mir heute der Karlsruher Zoodirektor Matthias Reinschmidt und Zootierarzt Marco Roller. Hallo Herr Reinschmidt, hallo Herr Roller. Hallo. Herr Reinschmidt, bei einem unserer letzten Gespräche haben Sie gesagt, dass Mika besonders gerne mit Bällen spielt, dass er ein kleiner Fußballer ist. Wie hat sich das denn entwickelt? Ja, das ist nach wie vor so. Alles was beweglich ist, das weckt natürlich sein Interesse. Und wir haben ja im Gegensatz zu früher keine so Gummibälle mehr drin, sondern Hartgummibälle aus Hartplastik, wo er auch keine Stücke wegreißen kann und rausfressen kann oder rausbeißen kann, wo er dann vielleicht auch eben unglücklicherweise aufnehmen könnte. Das wollen wir natürlich vermeiden, deswegen sind die Bälle jetzt ein bisschen anders, wie sie vor ein paar Jahrzehnten noch waren. Und womit spielt er noch gerne, abseits von den Bällen? Ja, ich glaube am liebsten mit seiner Mutter. Dieses Spiel mit den Artgenossen, das ist glaube ich auch ganz, ganz wichtig. Und manchmal nervt es die Mutter, manchmal spielt sie mit und manchmal wird es auch als Trampolin benutzt. Also egal in welcher Hinsicht, dieses gegenseitige sich entwickeln im Spiel auch, das ist natürlich auch ganz wichtig, um Verhaltensweisen einzulernen. Das ist ein gutes Stichwort, das wollte ich Sie jetzt auch fragen, Herr Roller, Sie als Tierarzt. Warum ist denn das Spielen für die kleinen Eisbären so wichtig? Das Spielen ist super wichtig, weil dadurch Verhaltensweisen erlernt werden. Die Mutter zeigt dem jungen Eisbär auch einige Sachen, die er im Eisbärenleben braucht. Und für das Jungtier ist es natürlich ein spielerisches Erkunden der Umwelt. Er lernt seine ganze Umgebung kennen. Er lernt durch Spielen, lernt er jetzt zum Beispiel auch, wenn er unter Wasser taucht, wie die Fortbewegung unter Wasser stattfindet. Also durch dieses ganze spielerische Verhalten, da lernt er wichtige Verhaltensweisen. Vielleicht können Sie gerade ein paar Beispiele sagen, Sie haben gerade schon mal gesagt unter Wasser, dass er da seine Mutter imitiert. Ich glaube, sie hat ihn am Anfang ja wohl auch ein bisschen animiert, ins Wasser zu gehen, wenn ich es richtig weiß. Genau, also wenn man jetzt die letzten Wochen so ein bisschen Revue passieren lässt, dann ist er von einem schüchternen, fast wasserscheuen Eisbär. Und Eisbären sind marine Säugetiere, also Wassersäugetiere. Das ist keine taxonomische Einordnung, sondern eine Gruppierung von Säugetieren. Ganz vorsichtig hat er sich ans Wasser rangewagt, erst so ein bisschen mit den Pfoten, dann langsam mal mit der Schnauze ein bisschen unter Wasser, bis er dann mal so bis zur Brusthöhe ins Wasser gestiegen ist und dann hat ihn die Nuka dann auch schon weiter reingelockt. Dann hat er so am Anfang seine kleinen Bahnen gedreht, immer noch im Reichweite des sicheren Ufers, bis er dann wirklich auch die ersten Schwimmversuche gestartet hat und sie ihn da wirklich animiert hat. Und das ist auch das, was die Eisbärin dann natürlich macht, ihre Jungtiere oder ihren Jungtieren dieses neue und interessante Element Wasser da nahe zu bringen. Wenn man jetzt die letzten zwei, drei Wochen anschaut, dann kommt jetzt das Tauchen mit hinzu. Und er lernt dann unter Wasser sich fortzubewegen und zu schwimmen und taucht dann nach seinen Bällen. Das ist wirklich ein ganz tolles Beobachten, was man da gerade machen kann. Und wo imitiert er sie noch? Also jetzt beim Schwimmen und Tauchen und was wären noch so Beispiele, wo er sie nachmacht? Auf jeden Fall auch bei der Nahrungsaufnahme, wenn sie umherläuft und sucht und auch wenn sie Beschäftigung bekommt, dann imitiert er sie dann ganz häufig und schaut, wie sie agiert auf Veränderungen im Gehege. Und auch wenn sie interessiert und vielleicht auch ein bisschen beschützen, dann schaut, was der Kapp gerade macht. Dann geht er da auch hinterher und imitiert sie. Ja, ja. Und Sie, Herr Reinschmidt, haben auch gerade gesagt, er spielt so gerne auch mit ihr. Was haben Sie da noch so beobachtet? Sie haben gesagt einmal, er benutzt sie als Trampolin. Was machen die noch so? Ja, die spielen auch manchmal Fang. Der eine rennt dem anderen hinterher und das in ungedrehten Rollen dann auch wieder. Das gefällt mir natürlich auch immer gut, wenn sie auch Versteck spielen oder so. Das sieht man durchaus auch. Also wir haben ja so einen großen Fels da mitten in der Anlage. Und da merke ich auch, wie der Kleine ab und zu mal abhaut, um einfach aus dem Sichtfeld der Mutter zu gehen, um wieder zu kommen und zu gucken, sieht sie mich noch? Und das hat auch natürlich irgendwie was, wenn man das jetzt weiterentwickelt, mit Beuteverhalten zu tun, wenn er dann auf eine Beute lauert. Und also so, wie Dr. Roller das auch gerade schon gesagt hat, spielerische Erlernen von Verhaltensweisen, die im späteren richtigen Leben als erwachsene Eisbär einfach gebraucht werden, um Beute zu machen, um schnell zu sein, um agil zu sein. Da braucht es eine körperliche Fitness. Und das wird natürlich auch durch Spielverhalten total trainiert. Gibt es da Unterschiede vom Verhalten, das ein Eisbär oder ein spielender Eisbär im Zoo hat, zum Vergleich in der freien Wildbahn? Oder ist das das Gleiche eigentlich? Natürlich gibt es Unterschiede in dem, was auch für Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Wir versuchen allerdings in der modernen Zootierhaltung, die wir umsetzen wollen, natürlich auch Verhaltensweisen zu fordern, die die Eisbären im Verhaltensrepertoire haben. Das heißt jetzt auch solche Lauerjagden oder die Nahrungsaufnahme, wenn wir jetzt mit Eisbomben arbeiten, wo man vielleicht erst mal ein bisschen das Eis brechen muss und erst mit seinem Gewicht auf eine Eisbombe draufstützen muss, um an Nahrung ranzukommen, dann sind das Verhaltensweisen, die wir dann versuchen, durch unsere Beschäftigung und durch unser Management der Eisbärenernährung in dem Fall dann auch zu imitieren. Spielen Eisbär-Jungtiere anders als Jungtiere von anderen Tierarten? Sie spielen ähnlich wie andere Raubtiere, das auf jeden Fall. Also gerade dieses Umgehen dann auch mit Futter oder Erbeuten, so das spielerische Lernen, wie man dann auch einen Jagderfolg irgendwann hat, das ist natürlich ganz wichtig für einen Eisbär. Jetzt wurde schon in den 90er Jahren das Spielverhalten von den Karlsruher Eisbären wissenschaftlich erforscht. Herr Reinschmitter, können Sie was dazu sagen? Sie waren da nämlich live dabei. Was wissen wir denn aus dieser Zeit? Das war in meiner Studentenzeit. Meine damalige Freundin, spätere Frau, die hat ihre Diplomarbeit über das Spielverhalten junger Eisbären gemacht. Ich hatte zur gleichen Zeit die Diplomarbeit über Papageien hier im Karlsruher Zoo. Ich war oft bei den Eisbären, muss ich sagen. Zum einen wegen der Eisbären, zum anderen eben auch wegen der Diplomandien, muss ich schon so sagen. Aber die Eisbären damals, im Gegensatz zu heute, waren zwei Jungtiere. Und wenn man das jetzt sieht, den Unterschied zwischen der Aufzucht eines Jungtieres, da fokussiert sich alles zwischen Jungtier und Mutter. Im Vergleich zu dieser letzten Aufzucht, die wir im Karlsruher Zoo hatten im Jahr 1991, 1992, damals waren es zwei Jungtiere. Und da war auch viel Spiel zwischen den Jungtieren zu sehen. Und die Mutter hat sich nebendran gelegt und konnte ausruhen und einfach nur zuschauen. Und das haben wir jetzt ja im Moment nicht. Also da ist die Mutter deutlich mehr gefordert, obwohl sie nur ein Jungtier hat. Aber es war damals schon sehr spannend. Auch die Spielutensilien, die wir damals reingegeben haben, sind anders als heute. Ich habe da noch ein paar Bilder und da sieht man, dass es Fußbälle waren, dass es aber auch Stiefel, alte Stiefel waren und Seile reingegeben wurden. Es wurden immer Materialien reingegeben. Aber da sind wir heute ein bisschen vorsichtiger. Wir gucken natürlich auch, was kann weggebissen werden, was kann verschluckt werden. Nach dem Vorfall des Eisbären Anton, der im Stuttgarter Zoo ja leider aufgrund eines in die Anlage geschmissenen Rucksacks verendet ist, sind wir natürlich sehr viel vorsichtiger mit den Dingen, die wir da reingeben, weil die Eisbären das durchaus auch aufnehmen können. Und dann kann es zu Darmverschluss und sonstigen Dingen kommen. Das wollen wir alles nicht. Deswegen müssen wir aufpassen in der Auswahl der Spielutensilien. Was hat denn dann der Mika heute für Bälle? Das sind Hartplastikbälle. Er hat auch keinen Ansatzpunkt mehr oder weniger, wo er ein Stück rausbeißen kann. Aus einem Lederball oder einem Plastikball. Den können sie zerreißen eigentlich. Und das haben die damals auch gemacht. Da lösen sich dann auch Dinge ab. Aber es ist damals alles gut gegangen. Aber jetzt müssen wir das ja nicht herausfordern. Sie haben es beobachtet. Dieses Geschwisterpaar, dieses Geschwister-Eisbärenpaar, wenn die am Spielen waren, war das dann schon anders als bei Mika jetzt? Ja, wie gesagt, das ist schon deutlich anders gewesen, weil die beiden miteinander gespielt haben. Ganz vor allem auch miteinander gespielt. Die haben auch, man kann wirklich sagen, Fußball miteinander gespielt. Den Ball hin und her geschossen und geworfen. Und der eine hat ihn geschnappt. Dann sind sie wieder losgerannt. Und der andere hinterher. Das haben wir jetzt derzeit nicht. Das ist natürlich in der Natur der Sache. Da wir nur ein junges Eisbärchen haben. Aber das kennt jeder aus dem menschlichen Bereich aus. Auch wenn man Einzelkind ist, ist es anders. Da muss man sich außerhalb die Spielkameraden suchen, weil die Eltern nicht immer wollen. Und so ist es halt, wenn man Geschwister hat. Dann ist natürlich das Geschwisterkind auch dasjenige, was der Erste spielt. Da muss die Nuka aber auch einiges mitmachen. Gerade wenn man mal nachts die Nachtaufnahmen anschaut. Das ist schon häufig, dass er da auf seiner Mutter rumturnt und sie einfach nicht in Ruhe lässt und die ganze Zeit irgendwie am Rumtoben ist. Also es ist auch ganz spannend, da zu sehen, wie er auch wirklich 24-7 damit beschäftigt ist, irgendwie spielerisch seine Umgebung zu erkunden. Also muss man wirklich fast so sagen, eine Einzeleisbäraufsucht eines einzelnen Jungtiers ist fast noch anstrengender, als wenn man zwei hat. Das Muttertier mit sich. Für die Mutter meine ich ja. Da hat man zwar zwei, die billig saugen, aber ansonsten hat man es ein bisschen ruhiger mit zwei. Das stimmt, wenn die sich erst mal so selber miteinander beschäftigen. Jetzt haben Sie hier gerade einen Ordner mit Bildern. Da sehe ich ein Eisbärjungtier. Ach, das ist ein Gummistiefel. Die ausgedienten Stiefel wurden damals eben den Eisbären gegeben. Das sieht man aber auch, wie drauf rumgekaut wird und was da schon für Gummi fehlen kann. Da sind wir heute eben sehr viel vorsichtiger, dass da keine Fremdkörper aufgenommen werden. Ja, also wir entwickeln uns stetig weiter in der Zootierhaltung. Und ich sage es immer wieder, ich bin jetzt 60 Jahre alt und diese Entwicklung in den Zoos ist phänomenal. In allen Bereichen in den letzten 40 Jahren. So lange überblicke ich das ja von meinem Praktikum ausgehend. Und nicht nur in der Tierhaltung, auch in dem Umgang mit den Tieren, in der Tierernährung, in der Tiermedizin. Also da sind teilweise Quantensprünge zu sehen, was wir in 40 Jahren uns hier weiterentwickelt haben. Und immer obendrüber das Wohl der Tiere zu sehen. Also das ist schon spannend, wenn man so ein gewisses Biologenleben auch schon hinter sich hat. Wollen Sie noch mal kurz eins weiter blättern? Vielleicht sieht man noch was. Abseits von Bällen und Stiefeln. Ja, da haben wir ja die Seile beispielsweise. Hier Seile, so Hanfseile mit Knoten drin. Da wurde auch dran gespielt. Heute hätten wir vielleicht Bedenken, dass sie sich irgendwie strangulieren damit. Ist klar. Aber auch Äste, natürliche Dinge, die wir auch reingeben, gab es damals auch schon. Und was wir immer sehen, das sind auch eben die Wasserspiele. Im Wasser, das ist das Element der Eisbären. Da ist jetzt ein Holzstab, ein Holzstück. Damals hatten wir natürlich auch ein anderes Gehege. Eine andere Gehegestruktur. Nicht so abwechslungsreich eingerichtet wie heute bei uns, sondern das war ein Betongehege. Wir haben ja auch ein Streu drin mit Sand, mit Holzhäckseln, mit unterschiedlichen Materialien. Das war alles nicht. Aber das Spiel der Tiere war eigentlich wirklich toll zu sehen. Also ich erinnere mich immer wieder gern an diese Situation, wie die zwei dann einfach da ranwuchsen und waren damals genauso eine Attraktion wie unser Mika heute. Aber ist halt schon lange her. Ich habe auch gelesen, dass die Interaktion mit den Besuchern damals in diesem alten Gehege eine andere war, zwischen Eisbär und Besucher. Ja, das war natürlich auch eine andere Gehegestruktur. Die Leute haben immer mal wieder, was man nicht verhindern kann, auch irgendwelche Nahrungsmittel reingeschmissen. Und entsprechend reagieren natürlich Bären. Kennt man von Braunbären, Schwarzbären, auch von Eisbären, die immer mal wieder illegalerweise, auch damals war es nicht erlaubt, eben gefüttert wurden. Aber dann sind die natürlich auch zu Bettelbären geworden, die dann immer auf dem Hinterbein standen. Und weil dem Menschen das ja gefällt, wenn er so steht, eben auch mit den Vordertatzen gebettelt haben. Und dann sind da viele schwach geworden, haben was reingeschmissen. Das haben wir heute Gott sei Dank nicht mehr. Unsere Bären reagieren nicht auf die Menschen, die vorne dran sind. Oder ganz wenig. Zumindest betteln sie nicht, weil eben nichts reingeschmissen wird von den Vorschreiben, die wir haben. Auch das ist ein Riesengewinn für die Bären geworden, weil sie dann nicht mehr in direkter Beziehung zum Menschen stehen. Interessiert sich Mika oder Nuka, interessieren die sich überhaupt für die Besucher? Wie schätzen sie das ein oder nehmen die das gar nicht so wirklich wahr? Ich glaube, dass es im Moment noch so ist, dass es gar nicht so richtig wahrgenommen wird. Auch durch diese gezielte Besucherstromsteuerung, für die wir uns entschieden haben, dass es auch noch genug Zeiten am Tag gibt, wo eben keine Besucher vor der Anlage stehen. Was mir ganz persönlich auffällt, ist auch der Abstand. Also noch die Besucherschranke bis zur Glasscheibe. Dass das auch nochmal so eine Hemmschwelle oder so eine Distanz ist, wo die zwei Bären das gar nicht so sehr wahrnehmen. Wenn man jetzt über die Besucherschranke hinübersteigt und dann direkt an der Glasscheibe steht, dann kommt der Mika schon her und interessiert sich mehr dafür. Wenn die Distanz da ist, dann ist es tatsächlich so, und das ist ja auch gut, wenn vor allem viel los ist und so, dass sie sich von den Besucherströmen gar nicht ablenken lassen und wirklich mit sich selber beschäftigt sind und wirklich dann auch in dieser wichtigen Mutter-Kind-Zeit dann auch ihre entsprechende Distanz haben. Jetzt ist es so, oder jetzt habe ich gelernt, dass für die Eisbären Abwechslung auch ganz wichtig ist. Das heißt, sie kriegen auch unterschiedliches Spielmaterial rein von den Pflegern. Womit arbeiten die Pfleger so? Wir wissen Bälle auf jeden Fall. Sie haben diese Eisblöcke erwähnt, wo Futter in Eis eingefroren wird. Was gibt es sonst noch so? Kartons, wo Futter versteckt wird. Verschiedene Pflanzen, die reingegeben werden. Verschiedene Blätter, Laub auch mal. Ganz unterschiedliche Spielmaterialien, die die Tierpfleger bauen. Durchaus auch vielleicht mal was mit einem Seil, mit einem alten Kanister, wo Fischöl drin war, sodass die Bären sich dann auch damit beschäftigen können. Also ganz unterschiedlich und wirklich eben auch diese Varianz, die dann in dieser Tierbeschäftigung einfach ganz wichtig ist. Dass es immer wieder was Neues zu entdecken gibt. Dann ist es bei uns auch ganz schön, wenn so ein paar Krähen umherfliegen. Das ist natürlich auch immer animierend, sowohl für die Nuka als auch für den Mika, dass man da vielleicht auch mal versucht, diese andere Krähe zu erwischen. Also auch spielerisch so das Verhalten dann auch lernen. Und ab und zu war er ja auch schon erfolgreich. Also das ist dann tatsächlich auch das, wo man merkt, dass dann tatsächlich schon in so einem frühen Alter ein Raubtier drin steckt. Das heißt, die frisst die dann auch? Ja. Also wenn sie erfolgreich waren schon in ihrer Krähenjagd, dann haben sie die Krähe auch aufgenommen. Gerade heute Morgen bei unserer Runde haben wir gehört vom Tierpfleger, er war wieder erfolgreich. Ich glaube, jetzt war es die dritte Krähe, die er geholt hat. Aber wir haben ja so einen großen Krähenbestand. Also so kann diese Regulierung auch durch einen Eisbären erfolgen. Ist nicht auch der Fischschreier da immer mal wieder drin? Immer. Weil es natürlich da, wo es Fisch gefüttert werden, da sind auch die Fischschreier da, um zu gucken, ob was abfällt. Wir füttern die nicht aktiv. Aber den hat er noch nicht geschafft. Die Nuka noch nicht und er noch nicht. Vor ein paar Jahren hat die Charlotte, als die noch da war, hat immer einen Fischschreier erwischt. Sind die schneller vielleicht? Wobei man sagt, Krähen sind doch so clever eigentlich. Das macht aber auch die Masse aus. Wir haben ja tausend Krähen bei uns im Zoo. Ein paar nicht so intelligente gibt es immer. Oder Vorwitzige. Die spüren dann nicht mehr viel, sagen wir mal so. Jetzt nochmal kurz zum Spielen. Jetzt habe ich gelernt, dass Eisbären ein Spielgesicht machen. Wie genau sieht das denn aus? Ein Spielgesicht ist bei Bären immer vielleicht ein bisschen übertrieben. Bären haben eine sehr herabgesetzte Gesichtsmimik oder eigentlich kaum eine Gesichtsmimik. Vor allem auch Eisbären. Besonders, dass man am Gesichtsausdruck gar nicht so sehr erkennen kann, was der Bär gerade für Gefühle erlebt. Oder was er denkt. Oder was er gerade durchmacht. Die kommunizieren auf eine ganz andere Art und Weise als mit der Gesichtsmimik. Wenn der kleine Mika jetzt spielt, dann sieht man schon auch ab und zu, wie er seine Letzten hochzieht. Und wie das vielleicht als Spielgesicht interpretiert werden kann. Aber es ist mit Sicherheit eine ganz andere Mimik bei Bären als wir es bei uns Menschen oder vielleicht auch, wenn wir im Tierreich bleiben, von Primaten kennen. Von Menschen auf uns. Jetzt haben wir Anfang der 90er Jahre diese wissenschaftlichen Erhebungen gehabt. Aktuell gibt es wieder eine wissenschaftliche Arbeit zum Spielverhalten. Eine Biologiestudentin aus Karlsruhe, Selin Göritz, untersucht Mikas Spielverhalten für ihre Masterarbeit am KIT. Wissen Sie dazu schon Näheres? Sie tauschen sich da auch aus. Ja, wir haben angefangen damit. Er hat ganz viele Stunden des Verhaltens aufgenommen. Also einen 24-Stunden-Tag. Und wir wollen einfach auch sehen, wann spielt eigentlich Mika? Wir sind ja auch nicht 24 Stunden und um die Uhr dabei. Wir gucken immer mal nachts rein oder so. Aber systematisch weiß das keiner von uns, wann sind ihre wirklichen Aktivitätsphasen. Und wie entwickelt sich das dann im Laufe der Zeit? Ich habe jetzt schon das Gefühl, dass es vor ein paar Wochen noch ein ganz anderes Verhalten war wie jetzt. Jetzt schläft sie auch nachts weitgehend durch. Vielleicht kommt sie ab und zu mal, aber nicht mehr so häufig wie am Anfang. Und am Anfang waren Tag und Nacht Spielphasen zu sehen. Von mir zumindest. Ich weiß nicht, wie es dir geht, Maiko. Ich gucke ja immer mal noch rein, aber kaum noch, dass Aktivitätsphasen sind. Da wird geschlafen. Kann man auch wieder ein bisschen mit dem Mensch vergleichen. Ich denke immer dran, was Sie sagen. Die Kinder sind auch Tag und Nacht unterwegs. Irgendwann haben sie Hunger und dann wird wieder getrunken. Das nimmt jetzt so ein bisschen ab. Ich glaube, da kommt jetzt eher so ein normaler Rhythmus. Und das mal wissenschaftlich zu untersuchen, da ist jetzt die Frau Göritz dran. Aber Frau Göritz sitzt jetzt nicht am Gehege. Ja, Maiko hat Dankenswerterweise ganz viele Kameras installiert. Und da kann sie die ganzen Daten auswerten. Die sitzt bei uns gegenüber im kleinen Büro und ist da am Computer tätig. Sie guckt aber immer wieder. Ich war vorhin da. Da stand sie auch natürlich vor im Gehege. Wir haben Terabyte an Eisbären-Daten aufgenommen, was natürlich für uns auch dann der wissenschaftliche Anspruch ist, da auch Daten herauszuziehen. Gerade bei so einer interessanten Jungtieraufzucht, die ja die erste erfolgreiche Aufzucht außerhalb von so einer Mutter-Kind-Höhle ist, eben auf der Außenanlage. Das ist für uns natürlich ganz spannend, wie dieser Eisbär aufwächst und wie er reagiert, weil er vielleicht in den ersten Lebensmonaten mit mehr Umwelteinflüssen ausgesetzt war, als das jetzt der Fall gewesen wäre, wenn er wirklich komplett abgeschottet zur Welt gekommen wäre und dann auch die ersten Monate dort komplett abgeschottet verbracht hätte. Weil er eben in dieser Halbhöhle auch geboren wurde und von vornherein da anderen Sachen ausgesetzt war. Meinen Sie, er wäre ein anderer, wenn er in der Innenhöhle geboren worden wäre? Das ist ganz schwer zu sagen. Aber für uns ist es jetzt interessant, was zeigt er für ein Verhalten? Wie oft zeigt er das Verhalten? Nicht nur das Spielverhalten. Wann und wie oft geht er ins Wasser? Wann fängt er wirklich an, intensiv mitzufressen? Das sind alles ganz spannende Daten, die wir natürlich einerseits für unsere Eisbärenaufzucht in den europäischen Zoos nutzen können und andererseits auch mit den Daten, die ja wirklich sehr, sehr schwer zu generieren sind, auch mit den Daten aus dem ursprünglichen Habitat abgleichen können, die es gibt, was nicht viele sind, weil diese Eisbären eben in den Höhlen zur Welt kommen. Und Daten aus diesen Höhlen und vor allem Daten rund um diese Zeit in der Höhle ganz schwer nur zu bekommen sind von den Forschern im ursprünglichen Habitat. Und wie lange wird Frau Göritz den Mika jetzt beobachten? Also über was für einen Zeitraum sprechen wir da? Also wir haben uns vorgenommen, dass wir so einen dreimonatigen Zeitraum aufnehmen. Das sind jetzt die ersten zwei Monate schon vorbei. Das heißt, jetzt wird noch ein Monat aufgenommen und dann werden die drei Monate ausgewertet. Alles klar. Herr Roller, Herr Reinschmidt, ich schaue auf die Uhr, wir sind schon wieder am Ende. Bei Ihnen vergeht die Zeit wie im Flug. Wie im Flug. Vielen Dank, das war sehr spannend heute, ganz besonders. Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, wir hoffen, dass es euch auch gefallen hat. Lasst uns gerne ein Like da und aktiviert die Glocke, um keine Folge zu verpassen. Weitere Informationen rund um das Thema findet ihr in der Beschreibung. Wenn ihr Fragen an Herrn Reinschmidt habt, könnt ihr uns diese gerne zuschicken unter podcast.bnn.de. Herr Reinschmidt, bis nächste Woche. Dankeschön. Danke auch an Sie, Herr Roller. Sehr gerne. Tschüss. Tschüss.
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