Was Eisbären wirklich fressen

Shownotes

In dieser Folge geht es um die Ernährung der Karlsruher Eisbären. Tina Mayer spricht mit Zoodirektor Matthias Reinschmidt und Zootierarzt Marco Roller über:

den aktuellen Sommer-Futterplan für die Eisbären

besondere Vorlieben wie Salat, Honig und Fischöl

den Unterschied zwischen Hauptnahrung und Beschäftigungsfutter

warum ganze Tierkörper wichtig für die Ernährung sind

rechtliche Vorgaben bei der Fütterung im Zoo

Kap, der ältere Eisbär, und seine spezielle Diät während der Rekonvaleszenz

die Rolle von Tierlogistik und Futterbeschaffung im Zoo-Alltag

Außerdem meldet sich ein kleiner blauer Papagei zu Wort: Hyazinth-Ara Nobby hört mit – und kriegt auch Hunger.

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Transkript anzeigen

Hey und herzlich Willkommen zu Eis-Eis-Baby, dem Eisbär-Podcast der Badischen Neuesten Nachrichten mit freundlicher Unterstützung der Volksbank Pur. Mein Name ist Tina Mayer, ich bin Redakteurin bei den Badischen Neuesten Nachrichten. Der Karlsruher Zoodirektor Matthias Reinschmidt und ich haben heute wieder Unterstützung von Zootierarzt Marco Roller. Gemeinsam mit ihm wollen wir uns noch einmal genauer mit dem Futter für die Eisbären beschäftigen. Die mögen neben fettreichem Fleisch auch Gemüse ganz gerne. Hallo Herr Reinschmidt. Hallo, ich grüße Sie. Hallo Herr Roller. Hallo. Herr Reinschmidt, zu allererst wollte ich fragen, waren Sie heute morgen wieder mit Ihrer Kuratorenrunde bei den Eisbären unterwegs? Ja klar waren wir da. Jeden Montag sind wir immer um halb neun unterwegs und gehen durch alle Reviere und natürlich auch bei den Eisbären vorbei. Wie ist die Lage? Ja, Kapp war noch drin, ist ja die letzten Wochen im Backstage-Bereich gewesen, aber wir sehen jetzt vor, die in dieser Woche wieder rauszulassen, eben in den kleinen Außenbereich, wo vorher Mika und Luca saßen. Und ja, die anderen beiden habe ich auch nicht gesehen, die waren nicht im großen Gehege, das wurde gerade noch bestückt von den Tierpflegern mit entsprechenden Leckereien versteckt und solche Dinge, damit die nachher natürlich was zu suchen haben, wenn sie auf die Außenanlage kommen. Aber inzwischen werden sie da sein. Sie haben es gerade gesagt, Leckereien, das ist schon unser Stichwort. Haben Sie gesehen, was da für Leckereien genau versteckt wurden? Ja, viel Gemüse wird natürlich versteckt und das in allen Varianten und da suchen die dann schon auch. Und die kriegen ja mehrmals am Tag Futter, sodass sie dann immer wieder einen neuen Impuls setzen und ja, das muss immer variabel gestaltet sein. Wir haben auch gehört, dass die ja durchaus Vorlieben haben, Herr Roller. Also zwar ist jetzt Obst und Gemüse nicht so das Hauptnahrungsmittel für die Eisbären, aber dass so jeder so seine Lieblingsspeisen hat, sind sie da im Bild ein bisschen? Ja, das auf jeden Fall. Das ist wie bei uns auch, dass natürlich die Sachen, die vielleicht nicht am gesündesten sind, auch die sind, die uns besonders gut schmecken. Man muss sich es beim Eisbär einfach so vorstellen, wenn der ein bisschen Obst und Gemüse zusätzlich kriegt, dann ist es nicht die Masse an dem, was er vielleicht an fettreichem Fleisch oder Fisch bekommt. Das heißt, das sind eben genau diese Futtermittel, die wir eben auch zur Beschäftigung und zum Gehege-Enrichment, zur Gehege-Anreicherung dann auch einsetzen. Wissen Sie, was die einzelnen Maisbären am liebsten mögen da? Das sind natürlich irgendwelche Salatköpfe, die ganz gerne gefressen werden. Das sind vielleicht mal auch ein paar Trauben, die versteckt werden können, ein bisschen Honig, der auf der Anlage verteilt wird, der gut riecht, gerade wenn der dann an den Baumstämmen ist. Dann schaut man auch mal oben auf den Baumstamm rauf, was dort liegt. Mal ein Apfel, mal eine Tomate, eine Karotte. Das sind alles Futtermittel, die wir da natürlich super einsetzen können. Teilweise auch Futtermittel, die wir auch von außen natürlich, wenn die Eisbären mal auf der Anlage sind, auch recht einfach über die Scheibe drüber schmeißen können. Was natürlich dann wieder den Tierpflegern die Möglichkeit gibt, auch mit Futtermitteln als Enrichment arbeiten zu können, wenn die Eisbären eben auf der Anlage sind. Aber das ist, weil Sie gerade auch das Stichwort Enrichment genannt haben, das ist schon primär Beschäftigung oder einfach so ein nettes Add-on. Ein Eisbär braucht jetzt nicht zwingend die Vitamine, die so ein Salat oder eine Paprika hat. Nicht in der Menge, genau. Für uns ist es auf jeden Fall mehr Beschäftigung als tatsächlich dann das, was die Tiere an Nährstoffen daraus ziehen. Der Eisbär ist ja unter den Bären. Wir haben acht Bärenarten, die noch rezent auf unserem Planeten leben. Die Bärenart, die sich am allermeisten auf diese fleischreiche Ernährung spezialisiert hat. Wir haben andere Bären dabei wie der Panda, der sich hauptsächlich vegetarisch von Bambus ernährt und vielleicht zu einem ganz kleinen Teil mal so ein bisschen Insekten oder kleinere Vertebraten, kleinere Wirbeltiere frisst. Aber der Eisbär eben als Hyperkarnivor, als den Fleischfresser unter den Bären, der am allermeisten Fleisch und Fisch aufnimmt und sich eben auf eine sehr fettreiche Nahrung spezialisiert hat. Und das wollen wir natürlich auch im Zoo, in der modernen Zoo-Tierernährung, auch in den Futterplänen dann eben abbilden. Sie haben da, glaube ich, auch einen Futterplan heute mitgebracht, oder? Was sieht der denn jetzt zum Beispiel vor? Genau, also bei den Eisbären, da haben wir an anderer Stelle ja auch schon mal drüber gesprochen, ist es extrem wichtig, dass wir eine Saisonalität haben. Eisbären wie alle Bären haben eine sehr ausgeprägte Fokussierung auf diese Saison. Das hat ganz viel mit der Jungtieraufzucht oder mit der Reproduktion zu tun, dass eben die Jungtiere zu einem gewissen Zeitpunkt im Jahr dann eben auf die Welt kommen. Bei den Eisbären ist es November, Dezember, Januar und die Bären eben für diese Geburt, für diese Trächtigkeit dann eben auch einen entsprechenden Ernährungszustand brauchen. Und man sieht das jetzt auch bei der Nuka ganz gut, auch für die Monate danach, weil bei Mika erkennt man super, wie schnell der wächst. Das hat mit einer extrem fettreichen Milch zu tun. Und um diese extrem fettreiche Milch produzieren zu können, müssen wir natürlich auch einen guten Ernährungszustand vom Muttertier gewährleisten können. Und das funktioniert nur mit einer guten und ausgewogenen Ernährung. Das heißt, sie bekommt jetzt mehr auf jeden Fall, als sie wann bekäme? Letztes Jahr, dann im Frühjahr, wenn sie dann frisch rauskommt, muss man sie dann eben aus der Wurfhöhle wieder so fett füttern, dass sie wirklich auch diesen Defizit oder dieses Defizit wieder ausgleichen kann, dass sie eben in den ersten Lebensmonaten, wo sie eben in der Halbhöhle bei uns war und den Mika gesäugt hat, dann verloren hat. Und letztes Jahr im Herbst, kurz vor der Geburt, haben wir sie eben auch schon so gefüttert, dass sie eben schon einen guten Ernährungszustand hatte. Um diese Monate der Jungtieraufzucht und der Laktation, also der Milchproduktion, dann eben auch energetisch absichern zu können. Und deswegen haben wir für unsere Eisbären zum Beispiel für die vier Jahreszeiten vier unterschiedliche Futterpläne. Ah, okay. Haben Sie den aktuellen auch dabei? Vielleicht gerade mal kurz vorlesen, was da draufsteht. Genau, wir befinden uns jetzt im Sommerplan. Da gibt es pro Tag pro Eisbär, das sind immer nicht ganz genau auf das Gramm abgemessen, aber wir haben täglich circa zwei bis drei Kilo Gemüse. Wenn es dann auch unsere Lieferung an den Tagen zulässt, Gras und Laub, das auch zusätzlich immer noch so ein bisschen Beschäftigung natürlich ist, wo man auch Sachen drin verstecken kann. Circa ein Kilogramm Obst, Nüsse und Sämereien, die man auch schön auf der Anlage verteilen kann. Und dann gibt es für die Bären aufs Fleisch immer noch ein spezielles Mineral- und Vitaminsupplement, das zum Beispiel sehr viel Vitamin A enthält, weil wir heute wissen durch ganz viele Studien, dass Eisbären einen sehr hohen Bedarf an Vitamin A haben. Und deswegen ist es ein spezielles Mineralpulver, Vitaminpulver, das wir auch bei einer Mühle herstellen lassen und den Eisbären zusätzlich füttern. Dann gibt es bei uns vier bis sechs Kilo fettreiches Fleisch, zwei bis drei Kilo Fisch, das vor allem Hering, Makrele, Lotte und Sprotte. Immer auch zum Training Fischöl, das mögen beide sehr gerne. Damit kriegt man sie dann auch ganz gut ans Gitter und dort gefüttert, wenn man zum Beispiel die Zähne kontrollieren möchte oder wenn man die Tiere dann eben auch von der großen auf die kleinen Anlage sperren möchte. Und wir versuchen natürlich auch mehrmals in der Woche eine Ganzkörperfütterung zu realisieren mit entweder dann kleineren Säugetieren oder wenn wir bei uns im Zoo vielleicht auch ein Schaf oder eine Ziege haben, die wir zu Verfütterungszwecken getötet haben, dann ist es natürlich auch eine Top-Beschäftigung für die Tiere. Diese, da habe ich mich gefragt, Sie schlachten diese Tiere ja dann auch selbst aus dem eigenen Bestand. Da haben wir in der Vergangenheit auch immer mal drüber gesprochen. Was ich mich gefragt habe, gibt es auch Zoos, die Tiere auch lebend verfüttern? Das ist in Deutschland nicht möglich. Also es gibt weltweit natürlich Zoos, die das so machen. In Deutschland ist es nicht möglich, weil wir ein Tierschutzgesetz haben, das aussagt, dass wir Tiere nur nach einer Betäubung töten dürfen. Und das wäre eben in so einem Fall nicht gegeben. Deswegen ist für uns auch wichtig, aus rechtlicher Sicht, dass es bei uns, wenn wir Tiere töten, keine Schlachtung ist, weil die Schlachtung implementiert. Oder impliziert, dass es eine Tötung für den menschlichen Verzehr ist und deswegen ist es bei uns keine Schlachtung. Da geht es sehr in die rechtliche Tiefe. Bei uns ist eine Tötung zu Verfütterungszwecken, weil wir in Deutschland für die Tötung von Tieren auch immer einen vernünftigen Grund brauchen. Und bei uns ist der vernünftige Grund, um zum Beispiel unsere Schafe und Ziegen und Schreiche zu töten, die Verfütterung an unsere Zootier. Herr Reinschmidt, wie nehmen Sie das wahr? Weil das ja durchaus auch transparent und offen für die Zoobesucher geschieht. Wie reagieren die da drauf? Haben die Verständnis? Sind die verschreckt? Also in allen meinen Führungen spreche ich immer das Thema Verfütterung von Tieren an und sag dann immer so ein bisschen schmunzelnd auch. Unsere Raubtiere fressen keine Blümchen. Wir haben ja jetzt gehört, dass Eisbären auch Pflanzenfresser sind teilweise. Aber das kapieren sie dann immer, wenn man so plakativ das auch sagt. Ein Leopard frisst natürlich auch ein bisschen Gras und ein bisschen solche Dinge. Aber letzten Endes zeigt das, die können sich nicht rein vegetarisch ernähren. Das ist nicht das richtige Futter für sie. Und Raubtiere fressen andere Tiere. Das ist schon ganz klar. Und die Tiere, die wir hier aufziehen, da wissen wir exakt, die sind tiergerecht gehalten worden. Die haben ein gutes Leben gehabt bis zu dem Tag, wenn man sie eben tötet, um dann als Futter zu dienen. Und würden wir nicht unsere eigenen Tiere nehmen, müssen wir sie ankaufen. Und da wissen wir oft die ganze Herkunft auch nicht so detailliert wie jetzt eben bei den eigenen Tieren. Und wenn man das so gut erklärt, dann habe ich da eigentlich noch nie einen Widerspruch gehört von den Menschen. Die sehen das dann auch allen klar. Wie hoch ist der prozentuale Anteil der Tiere, die aus eigenem Bestand verfüttert werden? Das lässt sich nicht so einfach sagen. Also wenn wir da jetzt den ganzen Fisch mit einrechnen, den wir für unsere Seelöwen und für unsere Eisbären zum Beispiel noch füttern und das auch zum Fleischmittel zurechnen würden, dann wird es entsprechend weniger. Wenn wir jetzt nur mal das reine Fleisch nehmen von dem, was wir in den Zootieren oder an Zootieren verfüttern, sind wir bei einem Deckungsgrad von 20 bis 25 Prozent. Und damit sind wir schon gut, weil neben dieser Nachhaltigkeit, die das natürlich für uns bedeutet und von der Herkunftssicherung, dass wir wissen, woher unsere Tiere kommen und was für Bedingungen die gelebt haben, ob die Tiere gesund waren, dass die Tiere keinen langen Weg zum Schlachthof und eventuell auch noch eine Wartezeit auf dem Schlachthof haben, die immer mit Stress verbunden ist, sondern wir wissen, wie die Tiere betäubt und wie die Tiere getötet wurden, spielt für uns auch der ernährungsphysiologische Mehrwert eine ganz besondere Rolle. Wenn ein ganzer Tierkörper aufgenommen wird mit Haut und Haaren, mit Fell oder Federn bei einem Vogel, dann ist es ein ganz besonderer ernährungsphysiologischer Mehrwert, den wir dadurch haben für die Verdauung des Raubtieres. Es werden die Knochen mit aufgenommen, es wird der Magen-Darm-Trakt des Beutetieres mit aufgenommen, der natürlich dann auch wieder ganz unterschiedliche Komponenten mit drin hat an Mineralstoffen, an Spurenelementen, an Mengenelementen, die natürlich für die Ernährung der Tiere auch extrem wichtig ist. Und das alles erreichen wir dadurch. Das zäubert bei manchen Raubtieren natürlich auch den Darm und das spült richtig einmal durch, wenn da das ganze Fell und die Knochen mit durchgehen. Und wir müssen dadurch natürlich auch keinen Mineralstoff zufüttern, wenn wir jetzt nur schieres Fleisch mit Knochen verfüttern wollen. Zusätzlich zur Beschäftigung, die so ein Tier natürlich aus einem ganzen Tierkörper dann auch hat, wenn so ein Raubtier wirklich auch mal einen Tierkörper eröffnen kann und sich dann im Endeffekt erst mal durch die Bauchdecke durchfressen muss, bis es dann an die leckeren inneren Organe kommt. Die fressen das dann aber auch schon komplett. Das wird dann komplett gefressen. Je nachdem. Bei vielen Raubtieren schließen wir auch zwei bis drei Fastentage vor so einer Ganzkörperfütterung an. Auch das gehört ja zum Raubtier-Dasein, zumindest bei vielen Raubtieren, zu den großen Raubtieren zumindest mit dazu, dass nicht jede Jagd immer erfolgreich ist und dass man an einer Beute des Beutetier auch teilweise über mehrere Tage sich sehr gut einteilen muss, weil nicht gleich die nächste Jagd wieder erfolgreich ist. Wir sehen das ja gerade bei unseren Luchsen, die wir vorbereiten, um wieder angesiedelt zu werden. Und da muss man ganze Tierkörper füttern, damit die dann auch entsprechend vorbereitet sind. Und so ein Reh hält dann eine ganze Woche vor und die fressen jeden Tag wieder dran. Und das ist dann schon eine ganz andere Fütterung, wie wir sie normalerweise eben so haben. Aber viel natürlicher ist es natürlich, einen ganzen Tierkörper zu füttern. Und ich erinnere mich so ein bisschen als Flashback in meiner Praktikantenzeit vor 40 Jahren hier. Da hatten wir noch in diesem Raubtierhaus acht große Wildkatzen und von Tigern bis zu den Luchsen alles da untergebracht. Und da hat der damalige Kurator, der Clemens Becker, zum ersten Mal, das war nicht üblich zu dem Zeitpunkt, aber zum ersten Mal Kaninchen, weiße Kaninchen mit ganzem Fell gefüttert. Und das war ein Aufschrei damals, muss man sagen. Und die Eltern haben gesagt, das können wir unseren Kindern nicht zumuten. Also ich glaube, wir haben inzwischen eine deutliche Entwicklung gemacht. Das ist 40 Jahre her oder fast 40 Jahre her. Wenn wir heute erklären, was wir machen, dann kriegen wir gar nicht mehr diesen Aufschrei. Und ganz ehrlich, die Kinder, die kapieren es als oftmals sehr viel schneller und besser, die natürlichen Zusammenhänge wie dann irgendwelche Mütter oder Väter, die dann den Kindern nicht zumuten wollen. Wir sind Biologen und Tierärzte. Wir sehen das sowieso rational. Natürlich haben wir auch Emotionen, lieben unsere Tiere. Aber wir müssen dann schon auch sehen. Klar, Tiere fressen Tiere und das muss man möglichst tiergerecht machen. Das ist in dem Aspekt natürlich auch die Geschichte, die wir erzählen wollen und auch die Geschichte, die wir erzählen sollten, als so kein verzattes Bild von der Natur, wo das Raubtier das fertige Stück Steak frisst, sondern das Raubtier eben auf Beutefang geht und seine erbeutete Beute dann auch frisst. Das hat der Mika ja auch so eindrücklich ein paar Mal gezeigt, indem er eine Krähe gefangen und verspeist hat. Hat er das mal wieder gemacht? Immer mal wieder findet man ein paar Federn, aber dann tatsächlich auch die Krähe ganz erwischt hat. Das steht natürlich, das können wir so nicht sicher sagen, aber da merkt man, dass das Raubtier drin ist und Sinn. Der Reinschmidt hat es gerade angesprochen, natürlich auch bei unseren Luchsen diese Grenzen gesetzt durchs Tierschutzgesetz, dass wir auch bei den Luchsen, die wir für die Auswilderung vorbereiten, keine lebenden Wirbeltiere verwenden können. Aber auch bei den Luchsen, die wir jetzt in den letzten Jahren schon ausgewildert haben, sehen wir, dass sie Raubtiere drin haben. Das dauert dann vielleicht ein paar Wochen, aber dann erbeuten auch diese ausgewilderten und wieder angesiedelten Luchse dann Rehwild oder Rotwild. Der Instinkt ist total da drin bei den Wildtieren noch. Und wenn wir uns überlegen, eine Hauskatze, die seit 10.000 Jahren noch länger domestiziert ist, die hat ja noch den Instinkt, obwohl sie das volle Futternäpfchen hat, sich Vögel oder Ratten oder Mäuse zu fangen. Und dieser Instinkt eines Raubtieres, der ist eigentlich immer da. Und viel mehr ist natürlich, der hat noch gegeben, wenn es Wildtiere sind, wie jetzt die Luchse, die erst seit ein paar Generationen bei uns gezüchtet wird. Das haben wir beim Luca gesehen auf der Anlage, wenn er mal eine Krähe jagt. Das sehen wir jetzt aber auch auf den Wildkameras, wenn wir so eine gut strukturierte Anlage haben wie bei unseren Luchs-Nachzuchten hier im Zoo, dass man dort auf der Wildkamera auch häufiger mal sieht, dass irgendwelche Mäuschen oder Ratten in der Anlage rumspringen und dass die kleinen Luchse dann eben dort auch schon anfangen, ein Raubtier zu sein und eben dann diese diese kleinen Säuge erbeuten. Ich glaube, die Bewegung löst das Ganze. Die Bewegung löst das Ganze. Und das ist natürlich die beste Beschäftigung, gerade in einer strukturierten Anlage. Der Mika trinkt aber primär schon noch Milch. Das ist nach wie vor so, oder? Der frisst schon ganz gut mit. Aber natürlich trinkt er und Eisbären haben ja eine sehr lange Laktationszeit. Das heißt, es kann durchaus auch mal zwei, zweieinhalb Jahre sein, wo solche Jungtiere dann eben am Muttertier trinken. Das zeigt die Nuka dann schon an, wenn sie irgendwann zu viel wird. Aber er frisst auf jeden Fall auch schon kräftig zu. Aber er hat jetzt noch nicht so eine eigene Portion, wie sie da auf dem Futterplan stehen haben. Die addiert sich damit zu. Aber wir machen das meistens so, dass wir diese Futterpläne auch am Body Condition Score, am Body Mass Index der Tiere anpassen. Wenn wir sehen, so ein Tier ist uns jetzt tendenziell eher ein bisschen zu dick, dann füttern wir weniger. Wenn wir sehen, das Tier braucht jetzt mit ein bisschen mehr Körpermasse, dann füttern wir mehr zu. Ich halte ganz wenig von Futterplänen, wo ganz genau festgeschrieben ist, dass der Eisbär heute 1250 Gramm Fleisch mit Knochen kriegen soll. Ich weiß A nicht, wie viel Knochenanteil dann mit dabei ist. Und B hat der Eisbär dann auch nicht so sonderlich viel. Und für die Tierpflege ist es viel mehr Aufwand, dieses Fleisch dann genau auf diese 1,25 Kilogramm abzuwiegen. Da ist viel mehr gewonnen für die Tierpflege an Zeit, für die Tiere an Beschäftigung, wenn man dieses Futter dann lieber ein bisschen auf der Anlage versteckt oder so verteilt, dass die Tiere wirklich dadurch dann auch eine Beschäftigungsmöglichkeit haben. Jetzt muss ich hier ganz kurz erklären. Wir haben gerade einen kleinen Schrei gehört und zwar war das Nobby. Nobby ist ein kleiner Hyazinth-Ara, den Herr Reinschmidt gerade von Hand aufzieht, wie er das manchmal so macht mit Vögeln, die von ihren Müttern nicht aufgezogen werden können. Und der Nobby sitzt hier in einem Eimer mit uns am Tisch und eigentlich war er die ganze Zeit ganz leise, als ich aber dann doch auch mal zu Bord melden wollen. Was frisst der so? Ja, wenn es um das Thema Ernährung geht, ist er natürlich auch mit dabei. Das hat er wahrscheinlich gehört. Nein, im Ernst, der ist jetzt so, dass er auch wieder gerne was fressen würde. Er ist 65 Tage alt, knapp 1300 Gramm schwer und von kleinem Ara kann man fast nicht mehr sprechen. Er hat schon einen blauen Kopf, aber ist noch ziemlich bedohnt unten und da fehlen noch diese Deckfedern. Das kommt alles noch. Aber in der Natur wäre er auch noch in der Nisthöhle drin. Da würde er auch noch vier oder sechs Wochen bleiben, bis er dann wirklich ausfliegt und flügge wird sozusagen. Aber er kriegt im Moment viermal am Tag etwa 75 Milliliter Futter bei. Und wenn er mich dann so sieht und mich über Ernährung reden hört, dann sagt er, jetzt bin ich dann mal wieder dran. Er kriegt auch Hunger. Jetzt haben wir gehört, 20, 25 Prozent eigenes Fleisch aus dem eigenen Bestand. Wo kommt denn das andere Futter her? Wo beziehen Sie das denn? Das sind wahrscheinlich mehrere Komponenten, könnte ich mir vorstellen. Das sind mehrere Komponenten und kommt ganz drauf an. Wir haben natürlich Lieferanten, die dann auch unsere speziellen Anforderungen erfüllen. Wir haben zum Beispiel einen Lieferanten, der uns ein sehr, sehr fettreiches Fleisch liefert und dann auch auf die Suche gehen muss in verschiedenen Schlachthöfen. Wo finde ich jetzt tatsächlich dann auch ein fettreiches Fleisch, das wir optimalerweise für unsere Eisbären einsetzen können? Ansonsten schauen wir natürlich, so fanden wir das, das können auf eine Regionalität, auf ein Fleisch, das dann auch von hier kommt. Das ist auch nicht immer so einfach. Das ist natürlich auch unterschiedlich und von der Preisgestaltung müssen wir dort schauen, was unser Futtermittelbudget pro Jahr dann auch hergibt. Bei anderen Futtermitteln wie zum Beispiel dem Futterfisch, da gibt es spezielle Firmen, die dann eben die Zoos beliefern, wo man sich dann die ganzen Futterfische heraussuchen kann, das dann als Frostfutter kommt. Und auch dort schauen wir natürlich auf eine nachhaltige Bewirtschaftung unserer Weltmeere, dass wir dort eben auch einen Fokus auf die Zertifizierung legen. Haben Sie da einen Logistiker, der nur dafür zuständig ist? Oder wie läuft das? Das macht bei uns die Frau Karin Schaffer, das ist bei uns die Revierleiterin in der Futterküche, die eben diese ganzen Futtermittelbestellungen macht. Das ist einmal das Fleisch, einmal der Fisch. Das ist aber auch die ganze Logistik mit dem Großhandel, wo wir Gemüse und Obst in Lebensmittelqualität dann eben auch bekommen. Das ist aber zum Beispiel auch und es sind sehr große Mengen an Heu der verschiedenen Schnitte, also erster Schnitt oder zweiter Schnitt. Das Luzanne-Heu, das ist die Strohlieferung und ganz viel, was inzwischen eben auch für unsere spezialisierten Futterfresser oder für unsere spezialisierten Pflanzenfresser ist, sind Spezialpellets. Zum Beispiel für die Giraffen, die als Konzentratselektierer eben eine sehr proteinreiche Blattnahrung fressen, dass die ein entsprechend angepasstes Pellet dann auch bekommen, zusätzlich zu Luzanne-Heu und so viel Futterlaub, dass wir im Zoo schneiden, um eben eine optimal angepasste und moderne Zootier- Ernährung auch ermöglichen zu können. Gibt es da bestimmte Liefertage, wenn das kommt oder variiert das? Das ist auf jeden Fall, und da habe ich auch großen Respekt davor, eine sehr logistische Herausforderung, das alles auch zu überblicken, immer rechtzeitig zu bestellen, dass nichts wehrgeht. Also das ist wirklich wie so ein kleines Logistikzentrum bei uns in der Futterküche, wo wir wirklich froh darum sein können, dass es bei uns so unkompliziert läuft. Und das Gras beispielsweise kommt auch zwei, dreimal die Woche vom Landwirt direkt. Der bringt uns dann, kommt mit seinem Bulldog hier reingefahren und bringt uns einen ganzen Hänger voll frisches Gras. Und gerade unsere Huftiere fressen das natürlich sehr gerne oder Elefanten, egal wie. Und da legen wir heute eben auch einen sehr großen Wert drauf, wenn man sich überlegt, wie sich Zootier-Ernährung verändert hat, wie man früher Pflanzenfresser ernährt hat. Da hat man gedacht, jeder Pflanzenfresser funktioniert wie eine Kuh oder wie ein Schaf und dementsprechend werden sie auch ernährt. Heutzutage wissen wir dort sehr viel mehr drüber. Und bei den Raubtieren ist es ähnlich. Das heißt, wir möchten heute auch eine viel angeglichenere Diät für unsere Zootiere, die im Endeffekt der Diät im natürlichen Lebensraum auch entspricht oder ein Futtermittel, das dem zumindest sehr stark ähnelt. Und das ist bei ganz vielen Zootieren eine Herausforderung, wo auch ziemlich teuer ist, wenn man das dann eben auch gewissenhaft machen möchte. Aber das ist es auf jeden Fall wert, weil Tierernährung bedingt zu einem ganz großen Maß Tiergesundheit und auch eine gute Tierernährung können wir ganz viele Krankheitsprozesse, die vielleicht durch eine Fehlernährung entstehen, schon im Keim ersticken und die Tiere dann auch langfristiger gesund erhalten. Sie haben es letzte Woche gesagt, da sprachen wir drüber, dass Eisbären früher ganz oft altes Brot bekommen haben und dass die das mitunter auch krank gemacht hat, so langfristig gesehen. Altes Brot, dann auf der anderen Seite vielleicht aber auch eine zu proteinreiche Ernährung, das heißt Fleisch ohne einen hohen Fettanteil, was dann natürlich auch das sehen wir in einem ähnlichen Ausmaß bei unseren bei unseren Hunden und Katzen im Haustierbereich, dass sowas auf Dauer natürlich auch die Niere zum Beispiel schädigen kann oder die Leber. Und wir das, wenn wir mal alte Pathologie Befunde anschauen von Eisbären, eben sehr häufig Lebertumore, Gallentumore oder auch Nierentumore finden. Jetzt war der Kapp ja unlängst auch krank, soll jetzt aber ja wieder nach draußen kommen, wie Sie gesagt haben. Bekam der dann besonderes Futter auch oder wurde der anders ernährt in dieser Zeit? Er hat zusätzlich noch Ergänzungsfutter gekriegt. Auch hatten hohe Leberwerte festgestellt. Auch so eine Leberschutztherapie ist bei der Leber nicht immer ganz einfach. Die Leber hat einen sehr hohen Selbstregenerierungsgrad, aber das dauert natürlich auch. Er hat ein Leberschutzmittel zugekriegt und dann eben auch in den Anfangstagen, wo seine Verdauung noch nicht ganz auf der Höhe war, eben auch so ein bisschen Schonkost, sag ich mal, also auch nicht seine Klasse, also in der Zeit mit Sicherheit kein Ganzkörper. Und da müssen wir jetzt eben auch schauen, wenn er wieder auf die Außenanlage darf, wie sich sein Zustand weiterentwickelt, ob er eine positive Tendenz zeigt oder ob wir da nochmal vielleicht auch tiefer nachschauen müssen, was es letztendlich tatsächlich war und teilweise auch noch ist. Weil ganz auf der Höhe ist er tatsächlich noch nicht. Aber Sie sind optimistisch. Das wird sich jetzt auch zeigen. Also ich bin sehr gespannt, wie er sich dann auch macht, wenn er wieder auf die Außenanlage geht. Er ist einfach ein alter Bär und da müssen wir jetzt auch schauen, wie er sich entwickelt. Ja, das Schöne ist einfach, wenn man dem Marco so zuhört, was er alles heute weiß in puncto Ernährung. Und da ich ja noch aus einer anderen Generation stamme, kann ich das jetzt wieder von einer ganz anderen Sichtweise her sehen. Ich begleite die Zoos seit 40 Jahren jetzt und diese Entwicklung zu sehen, diesen Wissensfortschritt in den letzten vier Jahrzehnten innerhalb der Zoos, die ich jetzt selbst überblicken kann, der ist einfach so enorm. Das trägt alles zum Wohlbefinden unserer Schützlinge, unserer Tiere bei. Und das hört ja nicht auf. Da kommt ja ständig neues Material, neue Doktorarbeiten, neue Diplomarbeiten, Masterarbeiten, Bachelorarbeiten. Und das ist das Thema Forschung innerhalb des Zoos. Wieso brauchen wir Forschung? Nicht nur in der Ernährung, auch in der Haltung und sonstigen Dingen. Aber dieses Wissen, das subsummiert sich immer mehr und wir optimieren damit eben auch die Haltungsbedingungen für unsere Tiere. Dankeschön, die Herren. Ich gucke auf die Uhr. Vielen Dank. Ich glaube, das war das Schlusswort. Nobby hat sich auch noch mal kurz gemeldet. Ja, der hat jetzt Hunger. Jetzt wird es Zeit. Vielen Dank. Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, wir hoffen, dass es euch gefallen hat. Lasst uns gerne ein Like da und aktiviert die Glocke, um keine Folge zu verpassen. Weitere Informationen rund um das Thema findet ihr in der Beschreibung. Wenn ihr Fragen an Herrn Reinschmidt habt, könnt ihr uns diese gerne zuschicken unter podcast.bnn.de. Herr Reinschmidt, wir hören uns nächste Woche wieder. Mit Sicherheit. Vielen Dank. Herr Roller, wir hoffen, dich auch bald wieder. Vielen Dank schon mal. Sehr gerne. Tschüss. Tschüss. Tschüss. Tschüss, Nobby.

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